Wird der oberste Führer des Iran wieder gezwungen sein, den Schierlingsbecher zu trinken?


Staatspräsident Khomeini während des Iran-Irak Krieges
Staatspräsident Khomeini während des Iran-Irak Krieges

Übersicht

1.   Am 17. Juli 2012 begang der Iran den Jahrestag der Entscheidung des iranischen Führers Ayatollah Khomeini, einem Waffenstillstand mit dem Irak zuzustimmen. Diese von Khomeini getroffene strategische Entscheidung bedeutete das Ende des achtjährigen Krieges zwischen beiden Staaten. Sie stützte sich auf die 1988 verabschiedete Resolution 598 des UN Sicherheitsrates. Der Jahrestag dieser von Khomeini getroffenen Entscheidung wurde durch umfassende und völlig uncharakteristische Analysen seiner Zustimmung zu diesem Waffenstillstand von Seiten hochrangiger Mitglieder des iranischen Regimes und der Medien begleitet, die sich vereint hinter Khomeinis Zustimmung zu diesem Waffenstillstand stellten.

2.   Die offizielle Webseite von Chamenai, dem obersten Führer, drückte seine Unterstützung für die Annahme der Resolution  598 des UN Sicherheitsratesaus, die zum Endes des Krieges führte; sie verteidigte diese Entscheidung und bezog sich auf die Errungenschaften des Iran, die Dank dieser Entscheidung ermöglicht worden waren. Chamenai unterstrich, dass Khomeini die Entscheidung, den Waffenstillstand abzuschließen, nicht aus Furcht vor dem Irak traf oder als Reaktion auf amerikanische Drohungen, sondern aus inner iranischen Gründen. Im Mittelpunkt stand die Einsicht, dass diese Entscheidung die Interessen des Iran fördert und vor allem erkannte Khomeini die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Iran an.

3.   Die Unterstützung von  Khomeinis Standpunkt und die Äusserungen von Chamenai, der Iran müsse in seiner Politik dem Westen gegenüber revolutionären Idealismus und Realismus vereinen[1], zeugen unserer Einschätzung nach nicht unbedingt davon, dass das iranische Regime dem Westen gegenüber irgendeine Form des Kompromisses in der Atomfrage ins Auge fasst. Die breite  Mediendiskussion über die Einwilligung Khomeinis den Krieg mit dem Irak zu beenden, könnte einen Hinweis darauf darstellen, dass sich im Iran die Einsicht abzeichnet, dass die iranische Führung sich eventuell vor einer weiteren, strategischen Entscheidung befinden kann, die derjenigen ähnelt, mit der sich Khomeini 1988 auseinanderzusetzen hatte. In einer solchen Situation, könnte der Führer Chamenai zu einer ähnlichen Entscheidung gezwungen sein, wie damals sein Vorgänger Khomeini, – wäre er dann gewillt "den Schierlingsbecher zu trinken". 

4.   Für Einzelheiten der Mediendiskussion zu Ayatollah Kahomenis Einwillgung zum Waffenstillstand mit dem Irak siehe Anhang.

[1] In einer Ansprache bei einer Konferenz von höchsten Regimevertretern am 24. Juli 2012 kündigte der Oberste Führer Chamenai an, die Verbindung von Idealismur (der Islamischen Revolution) und Realismus (d.h. Pragmatismus) bilde das "Geheimnis" des Fortschritts, den der Iran und die islamische Völkerfamilie seit 32 Jahren erlebt haben. Er unterstrich ebenfalls, dass der auf den Iran ausgeübte Druck einen Teil der gegenwärtigen Realität bildet, mit der der Iran sich auseinanderzusetzen hat – dass jedoch der Druck des Feindes den Iran nicht von seinem Weg abbringen kann (IRNA, Teheran, 24. Juli 2012).