Update: der Terror und der israelisch-palästinensische Konflikt (25. September-2. Oktober 2012)

Mahmoud Abbas bei seiner Rede vor der UN Vollversammlung  (Wafa Nachrichtenagentur, 27. September 2012)

Mahmoud Abbas bei seiner Rede vor der UN Vollversammlung (Wafa Nachrichtenagentur, 27. September 2012)

Freitagsdemonstration im Dorf Kadum, in der Nähe von Nablus

Freitagsdemonstration im Dorf Kadum, in der Nähe von Nablus

Protestkundgebung von Bewohnern des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze

Protestkundgebung von Bewohnern des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze

Khaled Mash'al bei seinem Besuch in der Türkei (Palesinte-info.co.uk Webseite)

Khaled Mash'al bei seinem Besuch in der Türkei (Palesinte-info.co.uk Webseite)

Eine Szene aus dem Film ''Der Waffenträger'' (Safa Nachrichtenagentur, 11. August 2012)

Eine Szene aus dem Film ''Der Waffenträger'' (Safa Nachrichtenagentur, 11. August 2012)

  • In dieser Woche landeten auf israelischem Staatsgebiet drei Raketen. Es gab keine Verletzten und es entstand kein Sachschaden.
  • Der Vorsitzende der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas hielt vor der UN Vollversammlung eine kämpferische Rede, in der er dem Staat Israel und seiner Politik gegenüber scharfe Anschuldigungen äusserte, während er das palästinensischen Volk als Opfer einer neuen "Nakba" darstellte, auf die Israel ausgerichtet sei. Gleichzeitig rief er jedoch zur Fortsetzung der Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde auf, um den Plan der Zweistaatenlösung umzusetzen, d.h. – die Schaffung eines palästinensischen Staates auf den Gebieten von 1967, mit Ostjerusalem als Hauptstadt, der neben dem Staat Israel bestehen soll.
  • Hochrangige Hamas Kader verurteilten die Rede und riefen Mahmoud Abbas auf, das Scheitern des Friedensprozesses anzuerkennen und seine Politik dementsprechend zu ändern. 
Raketenfeuer
  • In der vergangenen Woche wurden auf israelischem Staatsgebiet drei Raketeneinschläge identifiziert. Alle Raketen fielen auf freiem Feld. Es gab keine Verletzten und es entstand kein Sachschaden.

Raketeneinschläge seit Beginn 2011[1]

Raketeneinschläge seit Beginn 2011
Demonstrationen an den Reibungspunkten
  • Wie in jeder Wochen fanden an den traditionellen Reibungspunkten in Judäa und Samarien Demonstrationen statt. Die Demonstranten bewarfen IDF Soldaten mit Steinen und Molotowcocktails – diese mussten in manchen Fällen Maßnahmen zur Zerschlagung von Demonstrationen einsetzten, um die Angreifer abzuwenden. In manchen Fällen wurden israelische Privat- und Militärfahrzeuge mit Steinen und Molotowcocktails beworden.

Freitagsdemonstration im Dorf Kadum, in der Nähe von Nablus  (Wafa Nachrichtenagentur, (29. September 2012)
Freitagsdemonstration im Dorf Kadum, in der Nähe von Nablus (Wafa Nachrichtenagentur, (29. September 2012)

Die Frage der Tunnels und der Warentransporte in den Gazastreifen
  • Die ägyptischen Sicherheitskräfte setzen die Zerstörung der Tunnels im Raum Rafiach fort und kämpfen weiterhin gegen die Benützung der noch bestehenden Tunnels, durch die Waren in den Gazastreifen eingeschleust werden. Dies führte im Grenzgebiet zu einer Konfrontation zwischen ägyptischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und der eintägigen Einstellung jeglicher Transporte durch die Tunnels (Safa Nachrichtenagentur, 29. September 2012). Dutzende von Bewohnern des Gazastreifen organisierten eine Demonstration an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, bei der sie das ägyptischen Vorgehen kritisierten (Ma'an Nachrichtenagentur, 30. September 2012).

Protestkundgebung von Bewohnern des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze (Webseite Palestine-info.co.uk, 1. Oktober 2012)
Protestkundgebung von Bewohnern des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze 

(Webseite Palestine-info.co.uk, 1. Oktober 2012)
  • Die Betreiber der Tunnels behaupten, nur 10% der Tunnels seien noch aktiv und auch diese stünden unter strikter Aufsicht der palästinensischen und ägyptischen Sicherheitskräfte (Ma'an Nachrichtenagentur, 28. September 2012). Hochrangige Kader der Brennstoffbehörde des Gazastreifens erklärten, die Brennstoffmenge, die aus Ägypten in den Gazastreifen geliefert wird, sei wegen der verstärkten Sicherheitseinsätze Ägyptens in letzter Zeit zurückgegangen. Sie erklärten weiter, gegenwärtig werde nur etwa 40% des täglichen Brennstoffbedarfs im Gazastreifen gedeckt (Palestine Online, 24. September 2012).
  • Der ägyptische Einsatz zur Schließung der Tunnels stieß auf den Widerstand der de facto Hamas Regierung und der Bevölkerung des Gazastreifens. Sie verlangen von Ägypten, vor der Schließung und Sprengung der Tunnels, alternative Transportrouten für die Waren zu finden – da die Tunnels als regelrechter "Lebensborn" des Gazastreifens gelten (Alrassallah.net, 29. September 2012). Khalil al-Khayyah, Mitglied des Hamas Politbüros, schlug mehrere Möglichkeiten vor, u. a. den Bau eines Seehafens an der Küste von Gaza, die Schaffung einer Freihandelszone und den Ausbau des Rafiach Grenzübergangs, um ihn zur Warenabfertigung benützen zu können. Khalil al-Khayyah drückte die Hoffnung aus, die diesbezügliche Entscheidung werde bald getroffen "bevor das Volk von Gaza stirbt" (Al Aqsa Sender, 29. September 2012).

Khalil al-Khayyah (Webseite Palinfo.com, 29. September 2012)
Khalil al-Khayyah (Webseite Palinfo.com, 29. September 2012)

  • Ägypten scheint zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschlossen zu sein, den Plan der Einrichtung einer Freihandelszone umzusetzen, was wohl auf politische Überlegungen zurückzuführen ist, obwohl Qatar die Finanzierung ihres Baus übernehmen will. Aus wohlinformierten Kreisen in Kairo verlautet, dass Ägypten die Aufnahme von Handelsbeziehung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde zwar keineswegs ablehnt, dass jedoch nicht die Absicht besteht, mit dem Gazastreifen eine Freihandelszone einzurichten, da Ägypten nicht daran interessiert ist, die Unabhängigkeit des Gazastreifens zu fördern und das Entstehen eines separaten palästinensischen Gebildes zu unterstützen (Al Chayat, 30. September 2012). Aus palästinensischen Kreisen verlautet, Ägypten habe Ismail Haniyeh diese Entscheidung bei seinem Besuch in Ägypten mitgeteilt (El Kuds El Arabi, 27. September 2012). Demgegenüber erklärte Moussa Abu Marzouk, Ägypten prüfe diesen gesamten Sachverhalt und habe noch keine verpflichtende Entscheidung getroffen (ElMizri ElYom, 29. September 2012).
Vorbeugemaßnahmen der Hamas im Gazastreifen
  • Die Volksarmee, eine salafistische/jihadistische Vereinigung im Gazastreifen erklärte, die de facto Hamas Regierung habe sechs Aktivisten ihrer Vereinigung festgenommen, darunter auch den Anführer, Sheikh Ismail Hamid, auch Abu Hafetz Almakdassi genannt (AFP, 1. Oktober 2012).
Wahlen zur Hamas Führung
  • Khaled Mash'al, Vorsitzender des Hamas Politbüros kündigte während der Sitzung des Politbüros seine Entscheidung an, sich nicht erneut für den Posten des Vorsitzenden zur Verfügung stellen zu wollen (ElShark ElAussa, ElHayat, 26. September 2012). In diesem Zusammenhang erklärte Ismail Hamdan, der Auslandsbeauftragte der de facto Hamas Regierung, Ismail Haniyeh habe schon zu Beginn des Jahres seine Absicht erklärt, nicht mehr für den Posten des Vorsitzenden des Hamas Politbüros zu kandidieren. Er fügte hinzu, es sei notwendig, "frisches Blut" in die Bewegung einzuschleusen (AlJazeera, 28. September 2012). Khalil al-Khayyah, ein Mitglied des Politbüros des Hamas erklärte, bis Ende dieses Jahres werde die Neubesetzung der Führungsinstanzen der Hamas abgeschlossen sein und danach könne der Nachfolger Khaled Mash'als gewählt werden (AlAqsa Kanal, 29. September 2012).
Khaled Mash'al besucht die Türkei
  • Eine Hamas Delegation unter der Leitung von Khaled Mash'al besuchte am 30. September die Türkei, um am vierten Parteitag der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung in Ankara teilzunehmen. Während ihres Besuches tagten die Delegationsmitglieder mit dem türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdoganund dem Außenminister Ahmet Davutoğlu(Webseite der Hamas Propagandaabteilung, 1. Oktober 2012).
Die Mahmoud Abbas Rede vor der UN Vollversammlung
  • Die kämpferische Rede des Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas vor der UN Vollversammlung am 27. September enthielt scharfe Anschuldigungen des Staates Israels und seiner Politik und Aufrufe zu historischen Kompromissen im Rahmen einer Zwei-Staaten Lösung (Palästinensischer Fernsehsender, 27. September 2012).
  • Im folgenden einige der herausragenden Themen in der Rede von Mahmoud Abbas:
     
    • Scharfe Angriffe auf Israel: es herrscht "große Gefahr einer rassistischen israelischen Besiedlung unseres Landes Palästina". In den letzten zwei Monaten entwickelten sich die Angriffe von "israelischen Siedlermilizen zu einer tagtäglichen Erscheinung und das palästinensische Volk erleidet Angriffe auf Moscheen, Klöstern, Schulen und Wohnhäuser. Die Felder, die Ernten und die Bewohner dienen als ständige Ziele für Angriffe, Tötungen und Quälereien mit absoluter Unterstützung der Besatzungsarmee und der israelischen Regierung". Nach den Worten von Mahmoud Abbas bilden diese Angriffe eine Nebenerscheinung der andauernden Besatzung und der israelischen Politik, "die die Siedlungen und die Siedler fördert" und "Hetzkampagnen" ermutigt, was sich in den Schulprogrammen und den extremistischen Erklärungen Israels widerspiegelt.
    • In seiner Rede beschuldigte Mahmoud Abbas Israel, für die Not des palästinensischen Volkes verantwortlich zu sein: Israel wurde beschuldigt, eine Kampagne zu Änderung des historischen Gleichgewichts in Jerusalem durchzuführen; eine "erstickende Blockade" des Gazastreifen durchzuführen und dadurch die palästinensische Wirtschaft zu schädigen. Israel wurde auch beschuldigt, eine Hürde für den Frieden darzustellen, eine Politik der ethnischen Säuberung durchzuführen und eine neue "Nakba" zu planen und sich zu weigern, ernsthafte Verhandlungen mit den Palästinensern aufzunehmen.
    • Aufruf zur Fortsetzung der Verhandlungen: Mahmoud Abbas erklärte, der Weg zur Erreichung des Friedens führe über die Fortsetzung der Verhandlungen zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde und Israel im Rahmen der Zweistaatenendstatusregelung. D. h. ein palästinensischer Staat, der neben dem Staat Israel bestehen würde, auf der Grundlage der Anerkennung eines unabhängigen palästinensischen Staates auf allen Gebieten von 1967, mit dem Ostteil Jerusalems als Hauptstadt und Anerkennung einer "gerechten und einverständlichen" Regelung der Flüchtlingsfrage, in Übereinstimmung mit UN Entschließung 194.
    • Anstrengungen der Palästinenser, für "Palästina" die Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen zu erreichen: Um dieses Ziel zu erreichen, begann die Palästinensische Autonomiebehörde intensive Gespräche mit verschiedenen Staaten, damit die Vollversammlung Palästina noch bei dieser Sitzung als Nicht-Mitgliedstaat der UN anerkennt.
  • Hochrangige Hamas Persönlichkeiten verurteilten die Rede von Mahmoud Abbas vor der UN Vollversammlung und riefen ihn dazu auf, die Aussichtslosigkeit der Verhandlungen anzuerkennen und seine Einstellung grundlegend zu ändern:
  • Sami Abu Sahari behauptete, Mahmoud Abbas habe zur Geschichte der Juden und Palästinenser vor der UN falsche Angaben dargestellt. Seinen Ausführungen nach handelt es sich bei diesem Vorgehen um eine weitere Fehlentscheidung, die sich zu einer Reihe von früheren Fehlentscheidungen gesellt, die während des Friedensprozesses und der Verhandlungen gefällt wurden (Al Aqsa Kanal, 27. September 2012).
  • Khalilal-Khayyah, Mitglied des Hamas Politbüros erklärte, die Rede bestätige die Frustrationen, die Mahmoud Abbas empfindet und die Tatsache, dass Israel den Palästinensern nichts Gutes bringt. Er rief Mahmoud Abbas dazu auf, den Fehlschlag der Verhandlungen und des Friedensprozesses mit Israel anzukennen, um die Möglichkeit der Einberufung einer vereinigten nationalen Versammlung zu ermöglichen, deren Aufgabe es sein wird, eine einheitliche palästinensische Handlungsstrategie ausarbeiten (Al Aqsa Kanal, 29. September 2012).
  • Mashir El Mizri, ein hochrangiger Hamas Kader erklärte, Mahmoud Abbas und die Palästinensische Autonomiebehörde seien mit ihrem Beitrittsgesuch vor den Vereinten Nationen erfolglos geblieben. Seinen Worten nach muss die PA die Friedensverhandlungen jetzt aufgeben und eine neue politische Ausrichtung und Strategie entwickeln (Al Alam, 27. September 2012).
  • Ychieh Mussa, Mitglied der gesetzgeberischen Versammlung erklärte, die Rede sei Ausdruck des fehlgeschlagenen politischen Prozesses und Mahmoud Abbas befände sich in einem "politischen Abenteuer", die den Interessen der Palästinenser widersprächen und verfolge eine Strategie, die keinerlei neue Horizente eröffne (Alrassallah.net, 27. September 2012). 
Hilfskonvoi "Miles of Smiles"
  • Der Hilfskonvoi "Miles of Smiles 16" kam am 29. September im Gazastreifen an. Dr. Azam Youssef, der Koordinator des Hilfskonvois erklärte, die Konvoiteilnehmer kämen aus Jordanien, Ägypten, Bahrain, dem Libanon und Südafrika. Der Hilfskonvoi liefert in Ägypten erstandene medizinische Hilfsgüter im Wert von etwa einer Million Dollar. Er fuhr über den Rafiach Übergang in den Gazastreifen ein (Webseite der Izzal-Din al-Qassam Brigaden, 30. September 2012).

Oben rechts: Der Hilfskonvoi "Miles of Smiles 16" erreicht den Gazastreifen  (Webseite der Izz al-Din al-Qassam Brigaden, 30. September 2012).  Unten links: Ismail Haniyeh empfängt die Konvoiteilnehmer  (Webseite Palinfo.com, 1. Oktober 2012)
Oben rechts: Der Hilfskonvoi "Miles of Smiles 16" erreicht den Gazastreifen (Webseite der Izz al-Din al-Qassam Brigaden, 30. September 2012). Unten links: Ismail Haniyeh empfängt die Konvoiteilnehmer (Webseite Palinfo.com, 1. Oktober 2012)

Das Schiff Estelle sticht Richtung Gazastreifen in See

Das Schiff Estelleist von Schweden aus Richtung Gazastreifen unterwegs und befindet sich jetzt im italienischen Hafen von La Spezia. Dort wird sie aufgehalten, um sich einer, von den Teilnehmer sogenannten "ausserordentlichen bürokratischen Kontrolle" zu unterziehen. Das Schiff soll zum süditalienischen Hafen von Neapel weiterfahren und von dort aus weiter in Richtung Gazastreifen. Es wurde berichtet, ein ehemaliger kanadischer Parlamentsabgeordneter wolle sich den Konvoiteilnehmern anschließen.

Ein im Gazastreifen gedrehter Film über einen Terroristen wurde im Iran mit einem Preis ausgezeichnet

Ein Dokumentarfilm mit dem Titel "Der Waffenträger", der vor wenigen Monaten im Gazastreifen gedreht wurde, sicherte sich vor kurzem bei einem Festival von Fernseh- und Radiosendern islamischer Staaten, das im Iran stattfand, den ersten Preis. Der Film verfolgt Ouz Salemi, einen hochrangigen Kader des militärischen/terroristischen Flügels der Hamas[2]. Der Regisseur Saad Karim erklärte, der Film werde während des bevorstehenden Opferfestes in mehreren arabischen und muslimischen Staaten ausgestrahlt (Falistin Alaan, 27. September 2012).

Eine Szene aus dem Film "Der Waffenträger" (Safa Nachrichtenagentur, 11. August 2012)
Eine Szene aus dem Film "Der Waffenträger" (Safa Nachrichtenagentur, 11. August 2012)

[1] Stand 2. Oktober 2012

[2] Ouz Salemiwar in den 90ger Jahren einer der führenden Kommandanten des militärischen Flügels der Hamas in Gaza City. Er hatte sich 1992, auf Veranlassung von Amed Akel der Organisation angeschlossen. Nachdem dieser 1993 von der IDF getötet wurde, übernahm er seine Aufgaben. Er war am über 20 Terroranschlägen auf Israel und IDF Truppen beteiligt. Er wurde 2000 bei einem "Arbeitsunfall" getötet, während er am Karni Übergang einen Sprengstoffsatz anbringen wollte.