Die aktuelle Welle des Terrors, wohin? Zukunftstrends, wie sie sich im politischen und medialen palästinensischen Diskurs widerspiegeln (Stand: 28. Oktober 2015)


Ein Poster, das auf der Facebook-Seite des islamischen Blocks der Hamas an der Universität Bir Zeit nach dem bewaffneten Angriff veröffentlicht wurde, bei dem das Ehepaar Henkin am 1. Oktober 2015 in der Nähe der Siedlung Itamar zu Beginn der aktuellen Welle des Terrors ermordet wurde. Das Plakat lobt die Aktivisten, die das Attentat durchgeführt haben.
Ein Poster, das auf der Facebook-Seite des islamischen Blocks der Hamas an der Universität Bir Zeit nach dem bewaffneten Angriff veröffentlicht wurde, bei dem das Ehepaar Henkin am 1. Oktober 2015 in der Nähe der Siedlung Itamarzu Beginn der aktuellen Welle des Terrors ermordet wurde. Das Plakat lobt die Aktivisten, die das Attentat durchgeführt haben. Der arabische Text lautet: "Unsere Widerstandskämpfer – Eure Hände seien gesegnet" (Facebook-Seite des islamischen Blocks der Hamas an der Universität Bir Zeit, 1. Oktober 2015). Das Plakat spiegelt den Wunsch der Hamas wider, den "Volkswiderstand" zu einem bewaffneten Kampf umzuwandeln, der, im Gegensatz zur Einstellung der Palästinensischen Autonomiebehörde dem "Volkswiderstand" gegenüber, auch Schussangriffe einschließt.

Der politische und mediale palästinensische Diskurs

1.   Etwa anderthalb Monate nach Beginn der Welle der Gewalt und des Terrors in Israel sowie in Judäa und Samaria, beschäftigen sich die Palästinensische Autonomiebehörde und die palästinensischen Medien weiterhin intensiv mit den Ereignissen. Was in Israel als eine Welle von Gewalt und Terror wahrgenommen wird, wird durch sie systematisch als "Hinrichtungen" unschuldiger Zivilisten, die gegen Israel als Teil des "Volkswiderstands" rebellieren, dargestellt. Israel wird als die Seite präsentiert, die eine willkürliche und übermäßige Kraft gegen die Palästinenser sowohl als Individuen ("kaltblütige Hinrichtungen"), als auch als Kollektiv (Einschränkungen für die Bewohner der Ost-Jerusalemer Stadtteile) anwendet.

2.   Die Welle der Gewalt und des Terrors hält weiterhin an, während sich die Angriffsbrennpunkte von Zeit zu Zeit von einem Ort zum anderen verlagern (Jerusalem, Israels Mitte, Hebron und Gusch Etzion). Gleichzeitig führen die palästinensischen Journalisten einen regen Diskurs über die Ereignisse und deren Bedeutung. Dabei versuchen sie, auf die gewünschten Richtungen zur Fortführung dieser hinzuweisen und empfehlen sogar Wege, wie sie für die nationalen Ziele der Palästinenser nutzbar gemacht werden können. Im politischen und medialen Diskurs der palästinensischen Medien ragen zwei gegensätzliche Anschauungen über die gewünschte Fortsetzung der Ereignisse hervor:

A. Die Fortsetzung von Gewalt und Terror auf der Grundlage des "Volkswiderstands": Dieser Standpunkt wird von der PA und der Fatah-Bewegung propagiert und genießt die Unterstützung der Mehrheit der palästinensischen Medien, seien sie mit der PA assoziiert oder von ihr unabhängig. Hinter diesem Standpunkt steht der Gedanke, dass der aktuelle palästinensische "Ausbruch" in einen "umsichtigen Volkswiderstand" (al-mukawama al-raschida) umgeformt werden sollte. So eine Art des Widerstandskönnte man eine lange Zeit mit verschiedenen Höhen und Tiefen von Intensität unter der verdeckten und manchmal offenkundigen Absicht aufrecht erhalten, Israel zu schwächen und sie letzten Endes zu Zugeständnissen zu bewegen. Auf der anderen Seite stellen sich die höchsten Beamten der PA, sowie die meisten palästinensischen Journalisten gegen die Transformation dieses "Erwachens" in eine "bewaffnete Intifada", wie sie von Seiten der Hamas befürwortet wird, und zwar aus einer Vielzahl von Gründen: Dies könnte zu einem Verlust der Kontrolle der PA führen, den politischen Zielen der Hamas in Judäa und Samaria dienen, den Lebensstrukturen der Palästinenser und der palästinensischen Wirtschaft schaden, der Welt die Palästinenser als diejenige präsentieren, die für die "extreme Gewalt" Israels verantwortlich sind und Israel die Legitimität anbieten, noch härtere Maßnahmen gegen die Palästinenser anzuwenden.

Ein Plakat, das die Botschaft darstellt, dass man durch Steinwürfe, die den "Volkswiderstand" symbolisieren, die Glocken zum läuten bringen, sprich, die nationalen Ziele der Palästinenser fördern könnte (al-Hayat al-Dschadida, offizielle Tageszeitung der PA, 21. Oktober 2015)
Ein Plakat, das die Botschaft darstellt, dass man durch Steinwürfe, die den "Volkswiderstand" symbolisieren, die Glocken zum läuten bringen, sprich, die nationalen Ziele der Palästinenser fördern könnte(al-Hayat alDschadida, offizielleTageszeitungder PA,21. Oktober 2015)

B. Die Aufrechterhaltung der aktuellen Welle des "Volkswiderstands" und diesen in einen bewaffneten Kampf bzw. in eine dritte Intifada umzuwandeln: Dieser Standpunkt wird von der Hamas propagiert und findet seinen Ausdruck in den Medien der Bewegung. Die Hamas lehnt den geführten "Volkswiderstand" zwar nicht ab, besteht jedoch darauf, die Welle der Messer- und Auto-Angriffen zu intensivieren. Allerdings betrachtet sie den "Volkswiderstand" nicht als die einzige Strategie und versucht, diesen später in einen Religionskrieg (Dschihad) sowie in eine "dritte Intifada" (auch als "Jerusalem Intifada" bekannt) umzuwandeln. Aus dem Blickwinkel der Hamas bedeutet dies eine Kombination von Terroranschlägen militärischen und etablierten Charakters mit gleichzeitiger Fortsetzung bzw. Eskalation der Angriffe im Rahmen des "Volkswiderstands" (sprich bewaffnete Angriffe, Entführungen von IDF-Soldaten für Verhandlungszwecke und Selbstmordanschläge). Hochrangige Hamas Führer und die Medien der Bewegung propagieren unentwegt für die Umwandlung der aktuellen Welle des Terrors in eine "dritte Intifada" unter der Anleitung einer vereinten palästinensischen Führung (wobei die Hamas eigentlich das Ziel anstrebt, die Angriffe nur unter ihrer Anleitung und Kontrolle durchzuführen).[1]

Ein Poster der Hamas, das alle palästinensischen Organisationen einschließlich der Fatah aufruft, Kräfte für eine Intifada in Judäa und Samaria zu vereinen (Facebook-Seite der PALDF, 8. Oktober 2015). Die Darstellung drückt den Wunsch der Hamas aus, die Kräfte aller Organisationen zusammenzubündeln, was so viel bedeutet wie die Umwandlung der spontanen und populären Intifada in eine organisierte Aktion, die von einer Führung geleitet wird
Ein Poster der Hamas, das alle palästinensischen Organisationen einschließlich der Fatah aufruft, Kräfte für eine Intifada in Judäa und Samaria zu vereinen (Facebook-Seite der PALDF, 8. Oktober 2015). Die Darstellung drückt den Wunsch der Hamas aus, die Kräfte aller Organisationen zusammenzubündeln, was so viel bedeutet wie die Umwandlung der spontanen und populären Intifada in eine organisierte Aktion, die von einer Führung geleitet wird

3. Der politische und öffentliche Diskurs in Judäa und Samaria veranschaulicht in klarer Weise das Dilemma der PA.Auf der einen Seitehat die PA ein Interesse, die aktuelle Welle der Gewalt, die im Einklang mit ihrer Politik des "Volkswiderstands" einhergeht, aufrecht zu erhalten, unddiese in Zukunft als Mittel auszunutzen, politische Zugeständnisse seitens Israels in der internationalen Arenazuerlangen.Andererseitsist sich die PA denpotenziellen Risiken bewusst, die bei der Fortsetzung der aktuellen Welle des Terrors entstehen könnten, von deren Intensivierung ganz zu schweigen.Um solche Risiken zu entschärfen, hat die PA das eindeutige Interesse, die Intensität und das Ausmaß der Angriffe selbst dann zu kontrollieren, wenn sie nicht dazu in der Lage ist. Denn der Verlust des populären Charakters des "Volkswiderstands" könnte der Hamas dienen und die Hegemonie der Fatah und der PA über Judäa und Samaria herausfordern.

4.   Neben diesem grundlegenden Disput im politischen und medialen Diskurs, der in Judäa und Samaria geführt wird, scheint wohl, dass es einen Konsens im Bezug auf die Fortsetzung des "Volkswiderstands"(sprich, des Volksterrorismus)und dass es keine Alternative wie beispielsweise in Form einer absoluten Einhaltung der Ruhe und Anhaltung des Volksterrorismus ohne weitreichende politische Zugeständnisse seitens Israels gibt.[2] Im medialen Diskurs tauchen zwar einige Vorbehalte gegen die Messer-Angriffe auf, die derzeitig die Welle der Angriffe charakterisieren. Diese bilden jedoch eherdie Ausnahme.[3] Das bedeutet schließlich, dassohne eine grundlegende Änderung in der Struktur der israelisch-palästinensischen Beziehungen, die derzeitig keineswegs in Sicht ist, eine vollständige Einstellung des populären palästinensischen Terrorismus (zumindest von Seiten der PA) keine realistische Alternative bedeutet.Insofern ist zuerwarten,dassdie PA und die Fatah auch weiterhin den Volksterrorismus und seine Erscheinungsformen mit steigender und fallender Frequenz und Intensität unterstützen werden. (Es wird erwartet, dass das Werfen von Steinen und Molotow-Cocktails, die Verwendung von "kalten Waffen", sowie die Messer- und Auto-Angriffe weiterhin als "legitime" Praktiken erhalten bleiben werden.)All dies, während derVolksterrorismus der internationalen und der palästinensischen Öffentlichkeit weltweit als "friedlicher Widerstand der Bevölkerung" dargestellt wird, auf den die Palästinenser bis zum Ende der israelischen Besatzungdas Anrecht haben.


Anhang
Eine Auswahl von Meinungsartikeln palästinensischer Journalisten in Judäa und Samaria in Bezug auf die Ausrichtung der aktuellen Welle des Terrors

1.  Jahia Rabah, ein ranghoher Fatah-Aktivist im Gazastreifen (al-Hayat al-Dschadida, die offizielle Tageszeitung der PA, 28. Oktober 2015): In seinem Artikel "Das palästinensischen Erwachen, wohin?" greift Rabah die Erklärungen des US-Außenministers John Kerry an, die, seinen Worten zufolge, dem palästinensische Volk nicht nützen, die Besatzung nicht beenden und den israelischen Ministerpräsidenten nur dazu ermutigen, die Bewohner Ost-Jerusalems durch den Widerruf ihrer israelischen Personalausweise zu bestrafen. Daher kommt Rabah zu dem Schluss, dass die aktuelle Welle der "palästinensischen Erwachung" (al-Hahbah al-Filastinija) fortgesetzt werden muss. Es sei schließlich das Recht der Palästinenser, ihre Entscheidung und ihre nationale Errungenschaft.

2. Dr. Ghassan al-Masri, Direktor des Kanaan Zentrums für Information und Forschung (24. Oktober2015):In einem Artikel unter dem Titel "Was soll die Entspannung erreichen?" rief al-Masri die Palästinenser auf,ihre Forderungen zu formulieren und diese als Bedingung für eine Ruhe zu präsentieren.Unter diesen Forderungen zählt al-Masri den Besuchstopp für Israelis auf dem Tempelberg, das Ende des Siedlungsbaus, die Eindämmung der "Aggression der Siedler gegenüber den Palästinensern", die Freilassung aller Palästinenser, die während der Intifada festgenommen wurden, und die Entschädigung für die Familien der Märtyrer.Das wäre die Basis für eine Rückkehr zu den Verhandlungen zugunsten einer Zwei-Staaten-Lösung und der Errichtung eines palästinensischen Staates.Dr. al-Masri behauptet, dass jede Kapitulation gegenüber eines Drucks und eine "bedingungslose" Zustimmung zu einer Ruhe ohne jegliche israelische Gegenleistung die Legitimität der palästinensischen Führung untergraben und das Risiko eines Ausbruches einer neuen Intifada erhöhen würde.

3. Dr.Abd al-Madschid Suwailam (al-Ayyam, 22. Oktober2015):Dr. Suwailam schrieb, dass die Selbstmordanschläge nur dem Image dem derzeitigen palästinensischen "Erwachen", das schließlich ein "friedlicher Widerstand der Bevölkerung" sei, schädigen würde.Denn im Rahmen von zukünftigen Selbstmordanschlägen könnten israelische Zivilisten zu Schaden kommen, die nicht Teil des "Systems der Besatzung" sind, das in den besetzten palästinensischen Gebieten herrscht.

4. Dr.Abd al- Madschid Suwailam (al-Ayyam, 22. Oktober2015):Dr. Suwailam lehnt in einem Meinungsartikel die Aufrufe innerhalb der palästinensischen Gesellschaft zur Eskalierung der aktuellen Konfrontation mit Israel und zur Umgestaltung dieser zu einem "bewaffneten Kampf" nachdrücklich ab.Seinen Worten zufolge stammen diese Aufrufe von Hamas-Anhängern und stehen im Gegensatz zur Einstellung der "patriotischen" Demonstranten an den Reibungspunkten mit Israel.Seiner Meinung nach müssen die Palästinenser ihren Kampf mit den gewohnten Mitteln weiterführen und eine bewaffnete Eskalation mit Israel vermeiden.

5. Al-Hayat al-Dschadida, die offizielle Tageszeitung der PA (21. Oktober 2015):In einem Leitartikel wird betont, dass die Intifada "intelligent" durchgeführt werden und der Welt das Image eines gerechten Kampfes der Palästinenser gegen einen grausamen Besatzer vermittelt werden müsse.Die Märtyrer, so hieß es, brächten dem palästinensischen Volk zwar Ruhm und Ehre, während die Palästinenser eigentlich keine "Blutströme" nötig hätten.Das palästinensische Volk hat danach zu streben, seine Helden nicht sterben, sondern am Leben zu lassen, damit sie zur gegebenen Zeit, zusammen mit ihren Familien, den Sieg feiern können.

6.Aschraf al-Adschrami (al-Ayyam, 21. Oktober2015):Al-Adschrami schrieb, dass die israelische Gesellschaft derzeit verwirrt sei.Der rechte Flügel der israelischen Politik habe es durch seine aggressive Einstellung geschafft, die Mehrheit der Israelis zu überzeugen.Diese seien jedoch nur an einem Ende der aktuellen Welle der Gewalt interessiert, die lediglich durch den Einsatz von Strafmaßnahmen erreicht werden soll.Nun stellt sich die Frage, ob die israelische Öffentlichkeit der Meinung sei, die Konfrontation könnte unendlich fortgesetzt werden, oder ob sie versuchen würde, den Frieden durch eine klare Anerkennung des Rechts des palästinensischen Volkes zu erreichen, einen Staat innerhalb der Grenzen von 1967 mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt zu etablieren.

7. Hani al-Masri (al-Ayyam, 20. Oktober2015):Al-Masri schrieb, dass es in der gegenwärtigen Situation unmöglich sei, einen "bewaffneten Widerstand" zu führen.Denn dieser würde seinen Worten nach nur den Interessen Israels dienen, die Palästinenser als Verantwortliche für die extreme Gewalt darzustellen und Israel als Vorwand dienen, ein groß angelegtes Massaker von Palästinensern durchzuführen.Möglich wäre, eine "Intifada inWellen" zu führen,um konkrete israelische Pläne zu untergraben, wie beispielsweise der "wirtschaftliche Frieden" oder die Einbeziehung von Gebieten in Ost-Jerusalem innerhalb Israels.

8. Hafez al-Barghuti (al-Hayat al-Dschadida, 20. Oktober2015):Al-Barghouti lehnt die Zweckmäßigkeit von Selbstmordanschlägen innerhalb Israels, für die es keinen nationalen Konsens gibt, ab. Solche Selbstmordanschläge, schrieb er, würden die "israelische Terrorregierung" nur zur Zügellosigkeit führen und sie dazu motivieren, mit all ihrer Kraft gegen das palästinensische Volk in Judäa und Samaria sowie im Gazastreifen vorzugehen.

9. Muafak Matar (al-Hayat al-Dschadida, 20. Oktober2015):Matar schrieb, dass die Palästinenser es geschafft hätten, dem Image des israelischen Verteidigungssystems Schaden zuzufügen.Videos, in denen israelische Soldaten bei der Flucht vor einem Messer haltenden Palästinenser gezeigt werden, deuten auf eine Moralsenkung innerhalb der israelischen Armee.Matars Behauptungen nach sei der Rückgang der Moral damit verbunden, dass sich "die Augen von jungen Israelis öffnen", die in die IDF eingezogen werden und verstehen, dass sie die Uniform "einer Besatzungsarmee" tragen.

10.  Al-Hayatal-Dschadida(20. Oktober 2015):Ein Leitartikel unter dem Titel "Der umsichtige Volkswiderstand"(al-mukawama al-raschida) ruft zur Beschwichtigung der Gemüter in Judäa und Samaria auf. Der Artikel propagiert eine "richtige Balance" zwischen dem Geist des Widerstands und den täglichen Bedürfnissen der Bevölkerung.Der Artikel betont den Wunsch der Palästinenser, ihr Leben zu bewahren, und dass sie kein Interesse an einer Erweiterung des Blutvergießens haben.

11.  Nadschi Sadek (al-Quds, 19. Oktober2015):Sadek schrieb, dass die PA aufgrund der Dynamik der aktuellenEskalation ernsthaft gefährdet sei.In Judäa und Samaria gäbe es Bedenken, dass politische Kräfte, die Mahmoud Abbas feindlich gegenüberstehen (Anspielung auf die Hamas), die Schwäche des Regimes ausnutzen würden, um sich zu etablieren und eine Neugestaltung der palästinensischen Arena zu erreichen.Unter bestimmten Bedingungen könnten junge Palästinenser auf die Straße gehen und ihre Wut selbst gegen die PA wenden.

12.  Nasr al-Laham (Ma'an Nachrichtenagentur, 19. Oktober2015):Al-Laham schrieb, dass es naive Menschen gäbe, die eine Verurteilung der Messer-Angriffe oder der Gewalt von Seiten der palästinensischen Führung erwarten. Diese Naivität sei schließlich eine Dummheit, da die Messer-Angriffe die Folge, nicht aber die Ursache seien.Um mit diesem Phänomen ernsthaft umgehen zu wollen, müssten die Palästinenser die israelische Besatzung, die Siedlungen, den Extremismus, den Hass und den Rassismus aus der Welt schaffen.Ansonsten wird die aktuelle Situation monate- und jahrelang in verschiedenen Formenweiter existierenund könnte zukünftig gleichzeitig eine Intifada, Zermürbungsaktionen und eine zivile Ungehorsamkeit hervorbringen.

[1]  Eine jüngste Erklärung in diesem Sinne wurde von ChalidMaschal,Chef des Politbüros der Hamas, bei einer Pressekonferenz während seines Besuchs in Südafrika abgegeben.Er forderte alle palästinensischen Kräfte einschließlich der Fatah-Bewegung auf,"einevereinte nationale Führung zugunsten der Intifadaund des Widerstands" zu bilden.Dabei rief er Mahmoud Abbas auf, "die Verantwortung gemeinsam mit uns zu tragen und gemeinsame Entscheidungen zu treffen" (al-Jazeera TV, 21. Oktober 2015).
[2]  Ein aktuelles Beispiel ist die Aussage von Nimr Hamad, politischer Berater von Mahmoud Abbas,der folgendes sagte: "Wenn die [israelische] Besatzung andauert, muss ein Widerstand stattfinden".Der "Widerstand" könnte ihm zufolge entweder "friedlich" oder "bewaffnet" verlaufen.Die palästinensische Führung bemüht sich, so seine Behauptung, um "einen Volkswiderstand (sprich, Volksterror), der friedlich ausgetragen werden soll", da er sich möglichst weit von einem weiteren Zyklus der Gewalt distanzieren möchte (Interview mit dem ägyptischen TV-Kanal CBCextra, 24. Oktober 2015).
[3]  Diese außergewöhnliche Stellungnahme wird vonMuhammadDaraghmeh,ein prominenter und einflussreicherJournalist aus Ramallah, in einem Leitartikel veranschaulicht. Dabei fordert er junge Palästinenser unter dem Titel "Geht nicht in den Tod" auf, keine Messer-Angriffe auszuführen, sondern in die Straßen zu strömen, sich den Blockaden zu stellen, zu schreien, um sich Gehör zu verschaffen, aber nicht zum Wohle des Heimatlandes zu sterben. Seinen Worten zufolge begeht jeder, der ein Messer mit sich trägt und einen Soldaten angreift, Selbstmord. Er fügte hinzu, dass die Welt, die die Palästinenser zu gewinnen versuchen, die Messer- und Auto-Angriffe gegen Zivilisten genauso nicht akzeptiere, wie die verübten Selbstmordanschläge (al-Hadath Nachrichtenagentur, 18. Oktober 2015).