Der Weltdschihad im Blickpunkt (29.Oktober – 4. November 2015)

Der Weltdschihad im Blickpunkt

Der Weltdschihad im Blickpunkt

IS-Aktivisten greifen die Straßensperre Ithriya an (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

IS-Aktivisten greifen die Straßensperre Ithriya an (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

IS-Aktivisten greifen die Straßensperre Ithriya an (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

IS-Aktivisten greifen die Straßensperre Ithriya an (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

Aufgereite Mörsergranaten vor dem Abschuss durch Aktivisten der Al-Nusra-Front südlich von Aleppo

Aufgereite Mörsergranaten vor dem Abschuss durch Aktivisten der Al-Nusra-Front südlich von Aleppo

Zerstörtes Gebäude in Mheen  (archive.org, 1. November 2015)

Zerstörtes Gebäude in Mheen (archive.org, 1. November 2015)

Abschuss von Mörsergranaten bei den Gefechten um Samarra (Website Dawlat al-Khilafah al-Islamiyya, 31. Oktober 2015)

Abschuss von Mörsergranaten bei den Gefechten um Samarra (Website Dawlat al-Khilafah al-Islamiyya, 31. Oktober 2015)

Kämpfer beschießt irakische Truppen auf dem Jabel Makhul

Kämpfer beschießt irakische Truppen auf dem Jabel Makhul

Ein Aktivist des IS-Ablegers im Sinai droht auf Hebräisch mit der Ermordung von Israelis  (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

Ein Aktivist des IS-Ablegers im Sinai droht auf Hebräisch mit der Ermordung von Israelis (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015)

Standbild der Audiobotschaft von Sheikh Ayman al-Zawahiri (As-Sahab Foundation, 1. November 2015)

Standbild der Audiobotschaft von Sheikh Ayman al-Zawahiri (As-Sahab Foundation, 1. November 2015)


         Die Ereignisse der Woche im Überblick

  • Im Mittelpunkt der Ereignisse der vergangenen Woche stand der Absturz eines russischen Passagierflugzeugs über dem Nordsinai, der zum Tod aller 224 Insassen (russische Touristen und Besatzung) führte. Der IS übernahm die Verantwortung für die Tat, wobei die Vertrauenswürdigkeit dieser Erklärung unklar bleibt, wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass tatsächlich der IS das Flugzeug zum Absturz brachte. In den Medien wurden gestützt auf ägyptische und russische Quellen verschiedene, teils widersprüchliche Ursachen für das Unglück genannt. Es sind deshalb die technischen Untersuchungsberichte und weitere Informationen abzuwarten, um Licht in die Umstände des Flugzeugabsturzes zu bringen.
  • Die Bodenoffensive der syrischen Armee im Nordwesten des Landes, besonders im ländlichen Raum südlich von Aleppo, kam auch diese Woche nur schleppend voran. IS-Aktivisten gelang es, die Kontrolle über den größten Teil der Stadt Al-Safirah südlich von Aleppo zu erlangen und die Versorgungsroute der syrischen Armee in Richtung Aleppo zu bedrohen. In den Regionen Idlib und Hama, die ebenfalls zu den Vorstoßgebieten der syrischen Armee gehören, gab es keine nennenswerten Entwicklungen.
  • Im Irak dauern die Kämpfe zwischen den irakischen Sicherheitskräften und dem IS im Dreieck der folgenden drei strategisch wichtigen Städte an: Al-Ramadi in der Provinz Al-Anbar, welche die irakische Armee zurückzugewinnen versucht (bislang ohne Erfolg), die Ölstadt Baiji, wo der IS versucht, Schlüsselstellungen im Umland der Stadt unter seine Kontrolle zu bringen, nachdem Baiji der irakischen Armee in die Hände gefallen war, und die Stadt Samarra südlich von Baiji, wo der IS eine Offensive gegen die irakische Armee begann. 

 

Der internationale Kampf gegen den IS

Angriffe der USA und ihrer Koalitionspartner
  • In dieser Woche flogen die Luftwaffen der USA und ihrer Koalitionspartner Dutzende weitere Angriffe gegen IS-Ziele. Dabei kamen Bomber, Kampfflugzeuge und Drohnen zum Einsatz. Verglichen mit früheren Wochen fällt auf, dass relative wenig Ziele in Syrien angegriffen wurden.
  • Nachfolgend eine Zusammenstellung der wichtigsten Angriffe (Website CENTCOM):
  • In Syrienkonzentrierten sich die Angriffe auf die Regionen Hasaka, Ar-Raqqah, Deir Ez-Zur und Marea. Dabei wurden taktische Einheiten des IS, mit Sprengstoff präparierte Fahrzeuge, Kampfstellungen und Aktivisten des IS getroffen.
  • Im Irakstanden Angriffe in den Regionen Kisik (westlich von Mosul), Ramadi, Sinjar, Baiji, Mosul, Tal Afar und Sultan Abdallah (südlich von Mosul) im Mittelpunkt. Dabei wurden Angriffstellungen des IS, Truppensammelpunkte, taktische Einheiten, Kampfstellungen, Artilleriebatterien und mit Sprengstoff präparierte Fahrzeuge getroffen.
Die amerikanische Politik in Syrien und im Irak
  • Weshalb hat die Koalition gegen den IS ihre Luftaktivitäten in Syrien reduziert? Einer Eklärung zufolge hängt das mit der intensiven russischen Luftaktivität zusammen. Demgegenüber behaupten hohe Vertreter der amerikanischen Regierung, die Merkmale der amerikanischen Tätigkeit auf syrischem Gebiet seien unverändert geblieben und die Abnahme der Angriffe sei auf den Mangel an effektiven Zielen zurückzuführen (Financial Times, 30. Oktober 2015).
  • Nachfolgend eine Auswahl von Äußerungen hoher amerikanischer Regierungsvertreter zur amerikanischen Politik in Syrien und im Irak:
  • Bei einer Anhörung im Streitkräfteausschuss des Senat kündigte der amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter Anpassungen an der US-Politik im Kampf gegen den IS an. Die USA werde sich weiterhin auf Luftangriffe im Raum Ar-Rakka in Syrien und Ramadi im Irak konzentrieren, aber zusätzlich Bodenoperationen forcieren. Die USA werde weiterhin „gemäßigte lokale Kräfte“ unterstützen (die für die USA immer schwieriger zu lokalisieren und auszubilden sind). Carter betonte, trotz der Übereinkunft zur Vermeidung von Reibungen mit Russland kooperiere die USA nicht mit den Russen und lassen ihre Aktivitäten im Irak davon nicht beeinflussen (Washington Post, 27. Oktober 2015).
  • Berichten zufolge hat der amerikanische Präsident Barack Obama erstmals die Entsendung einer Gruppe amerikanischer Soldaten nach Syrien angeordnet. Die Truppe soll bis zu fünfzig Soldaten einer Spezialeinheit umfassen, die Oppositionskräften in Nordsyrien zugeordnet werden und bei der Koordinierung der Einsätze lokaler Bodentruppen und der Koalitionskräfte gegen den IS mithelfen sollen. Die amerikanische Regierung betont, dass es sich nicht um einen politischen Kurswechsel handelt und die amerikanischen Bodentruppen keinen Kampfauftrag haben (The Guardian, 28. Oktober 2015). Der amerikanische Außenminister John Kerry sagte, die amerikanischen Spezialtruppen, die nach Syrien geschickt würden, konzentrierten sich ausschließlich auf den Kampf gegen den IS und mischten sich nicht in den syrischen Bürgerkrieg ein (AP, 31. Oktober 2015).
  • Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, betonte, die Aufgabe der Spezialtruppen beschränke sich auf die Ausbildung und den Transport von Waffen und Munition. Die oppositionellen Kräfte hätten ihre Kampftauglichkeit bereits unter Beweis gestellt, als es ihnen gelungen sei, mit logistischer Unterstützung der USA Kobane wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Die amerikanische Hilfe, so Earnest, umfasse auch die Stationierung von Flugzeugen des Typs A-10 und F-15 auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik in der Südtürkei. Zudem werde die USA Truppen für Sondereinsätze im kurdischen Gebiet im nordirakischen Irbil stationieren, um Mosul zu isolieren. Die USA werde überdies auch der irakischen Regierung bei der Rückeroberung Ramadis unter die Arme greifen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses (aawsat.com, 31. Oktober 2015).

Das russische Engagement im syrischen Bürgerkrieg

  • Während die Bodenoffensive der syrischen Armee im Nordwesten des Landes kaum vom Fleck kam (siehe weiter unten), flog die russische Luftwaffe in der vergangenen Woche zahlreiche Angriffe auf syrischem Gebiet. Die Angriffe konzentrierten sich auf die Regionen Aleppo, Idlib, Hama, Latakia und Damaskus. Russischen Berichten zufolge wurde dabei Militärlogistik des IS und der Al-Nusra-Front getroffen. Das russische Verteidigungsministerium wies Vorwürfe zurück, wonach die russischen Angriffe auch zivile Ziele trafen (Tass, 2. November 2015).
  • Der Generalstabchef der russischen Armee sagte, seit Beginn der Angriffe in Syrien am 30. September habe die russische Luftwaffe 1.391 Einsätze geflogen und 1.623 Terroristenziele zerstört. Darunter befänden sich 249 IS-Kommandostellen, 51 Ausbildungslager und 131 Lagerstätten. Der IS habe einige Orte unter seiner Kontrolle zu Festungen mit unterirdischen Tunnels und Bunkern ausgebaut, sagte der Generalstabchef. Die russischen Luftschläge hätten den syrischen Truppen ermöglicht, in Aleppo, Latakia, Idlib, Homs und Damaskus anzugreifen und weite Gebiete zu befreien (Sputnik, 3. Oktober 2015). Einem Bericht zufolge wurden bei diesen Angriffen 279 IS-Aktivisten und 131 Al-Nusra-Front-Aktivisten getroffen (TwitterAccount Hussain Murtaza, 29. Oktober 2015).

Die wichtigsten Entwicklungen in Syrien

Der Raum Aleppo
Allgemeines
  •  Wie bereits in den vergangenen Wochen konzentrierten sich die Kämpfe zwischen der syrischen Armee und den Rebellenorganisationen auch diese Woche auf die Region südlich und südöstlich von Aleppo, wenn auch offenbar mit geringerer Intensität. Nachdem IS-Aktivisten den größten Teil der Stadt Al-Safirah südlich von Aleppo unter ihre Kontrolle gebracht hatten, versuchten sie nun vor allem, die Versorgungslinie der syrischen Armee in Richtung Aleppo zu unterbrechen, um dem Druck, den die syrische Armee auf den IS im Umfeld des Luftwaffenstützpunkts Kweires ausübt, zu begegnen (Al-Mayadeen, 28. Oktober 2015).
Gefechte an der Straße zwischen Khanaser und Ithriya südöstlich von Aleppo
  • Es wurde gemeldet, dass die syrische Armee Truppen zusammengezogen hat im Hinblick auf die Rückeroberung der derzeit vom IS kontrollierten Straßenverbindung zwischen Khanaser und Ithriya südöstlich von Aleppo (Dimashk Al’an, 28. Oktober 2015).
Die Stadt Al-Safirah
  • Am 28. Oktober 2015 teilte ein IS-Anhänger über seinen Twitter-Account mit, IS-Aktivisten kontrollierten über 90% der Stadt Al-Safirah (Twitter-Account tmtmtaj25@ابو ادم المحلل, 28. Oktober 2015). Am 29. Oktober erschien auf einem ebenfalls mit dem IS affilierten Twitter-Konto die Meldung, ein Selbstmordattentäter des IS habe ein mit Sprengstoff gefülltes Fahrzeug bei einer Schule in Al-Safirah zur Explosion gebracht. In dieser Schule hätten sich Soldaten der syrischen Armee verschanzt und einige von ihnen seien vom IS gefangengenommen worden (Twitter-Account roookrbgmonsef@اخوكم منصف امير, 29. Oktober 2015). Die syrische Armee behauptete ihrerseits, bei den Gefechten in Al-Safirah seien hundert IS-Aktivisten getötet worden (Dimashk Al’an, 28. Oktober 2015).
Deir Ez-Zur
  • Am 31. Oktober 2015 meldete die Informationsabteilung des IS, IS-Aktivisten hätten Sprengstoff in einem Tunnel unter einem Gebäude im Viertel Al Rasafah im Südosten der Stadt Deir Ez-Zur zur Explosion gebracht, in dem sich Soldaten der syrischen Armee verschanzt hätten (Tumblr a3maqnews.tumblr.com, 31. Oktober 2015). Medien berichteten über einen „Tunnelkrieg“ zwischen der syrischen Armee und dem IS in Deir Ez-Zur.
Die Provinz Homs
  • Am 31. Oktober 2015 eroberten IS-Aktivisten die Ortschaft Mheen rund 62 Km südöstlich von Homs. Der Angriff wurde durch die Explosion von zwei Autobomben an der Einfahrt des Dorfes eingeleitet (Dimashk Al’an, 31. Oktober 2015). Danach rückten IS-Aktivisten in großer Zahl aus der Ortschaft Al-Qaryatayn an. Bei diesen Gefechten kamen Berichten zufolge mindestens fünfzig Angehörige der syrischen Sicherheitskräfte ums Leben (syriahr.com, 1. November 2015).
  • Die Informationsabteilung des IS hat ein Videoclip veröffentlicht, worin das Dorf Mheen und die Hügel im Umland nach der Eroberung durch IS-Aktivisten gezeigt werden (Tumblr a3maqnews.tumblr.com, 1. November 2015). Zudem berichtete die IS-Informationsabteilung, russische und syrische Kampfflugzeuge hätten über hundert Angriffe auf das Dorf Mheen geflogen (Tumblr a3maqnews.tumblr.com, 2. November 2015).
  • Am 31. Oktober 2015 erklärte die Informationsabteilung des IS, seine Aktivisten hätten ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug an einem Kontrollpunkt der syrischen Regimetruppen an der Einfahrt zur Ortschaft Sadad ((49 Km südöstlich von Homs) zur Explosion gebracht (Tumblr, a3maqnews.tumblr.com, 31. Oktober 2015). Ein Beobachter der Dschihadisten-Organisationen schreibt auf seinem Twitter-Account, IS-Aktivisten hätten die militärische Sicherheitsabteilung im Dorf erobert (Twitter-Account Omar@Journalist_Omar, 31. Oktober 2015).
Die Provinz Hasakah

Am 31. Oktober 2015 wurde gemeldet, dass kurdische Truppen zusammen mit der Freien Syrischen Armee die Ortschaft Al-Houl rund 38 Km östlich von Al-Hasakah angegriffen hätten. Der Angriff sei mit Luftunterstützung der internationalen Koalition erfolgt (aljazeera.net, 31. Oktober 2015).

Die Provinz Ar-Raqqah
  • Der deutsche Rapper Dennis Cuspert, der zum Islam übergetreten war und sich dem IS angeschlossen hatte, wurde am 16. Oktober 2015 in der Nähe der Stadt Ar-Raqqah getötet. Seitdem sich Cuspert dem IS angeschlossen hatte, versuchte er junge Menschen im Westen, besonders in Deutschland auf den sozialen Netzwerken für den IS anzuwerben (BBC, 30. Oktober 2015).

Die wichtigsten Entwicklungen im Irak

Allgemeines
  • Diese Woche dauerten die Kämpfe zwischen irakischen Sicherheitskräften und dem IS in einigen Regionen an, unter anderem um die Stadt Ramadi (welche die irakische Armee einzunehmen versucht), im Umland der Stadt Baiji (das dem IS in die Hände fiel) sowie im Raum Samarra nördlich von Bagdad (und südlich von Baiji).
Ramadi
  • Die Kämpfe zwischen irakischen Sicherheitskräften und dem IS im Raum Ramadi dauerten auch diese Woche an, ohne dass es zu nennenswerten Verschiebungen kam. Eine „hochrangige irakische Sicherheitsquelle“ ließ verlauten, am 31. Oktober 2015 hätten die irakischen Sicherheitskräfte zwei Vorstösse gegen den IS rund um die Stadt mit Unterstützung der Luftwaffen des Irak und der internationalen Koalition unternommen. Dabei hätten die irakischen Sicherheitskräfte dem IS schwere Verluste zugefügt (Al-Hurra TV-Channel, 2. November 2015).
  • Am 29. Oktober 2015 kamen Berichten zufolge acht irakische Soldaten und ein Oberst der irakischen Armee bei Angriffen des IS auf den Luftwaffenstützpunkt Habbaniya ums Leben. Der Stützpunkt wird auch von amerikanischen Flugzeugen für Einsätze gegen den IS genutzt (Al Jazeera, 29. Oktober 2015).
  • Spätabends am 1. November 2015 griffen Einheiten der irakischen Armee mit Luftwaffenunterstützung Ziele des IS nordwestlich der Stadt Falluja an. Dabei kamen sieben IS-Aktivisten ums Leben (Sky News auf Arabisch, 2. November 2015).
Samarra
  • Berichten zufolge kam es in der Nähe der Stadt Samarra nördlich von Bagdad (und südlich von Baiji) zu Gefechten zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften. Der IS begann am 28. Oktober 2015 eine Offensive gegen irakische Truppen und brachte Teile im Westen der Stadt unter seine Kontrolle. Die irakischen Truppen zogen sich aus diesen Gebieten zurück. Die Informationsabteilung des IS ließ verlauten, dass die Organisation bei dem Angriff sechs mit Sprengstoff beladene und von Selbstmordattentätern gesteuerte Fahrzeuge zur Explosion brachte (Aamaq, 28. Oktober 2015; Al Jazeera, 29. Oktober 2015). Am 1. November 2015 gab eine „irakische Sicherheitsquelle“ bekannt, dass die irakischen Sicherheitskräfte den Westen der Stadt Samarra wieder zurückerobert hätten (Dar Al-Hayat, 1. November 2015).
Baiji
  • Eine Woche nachdem die irakische Regierung die Rückeroberung von Baiji bekanntgab, dauern die Kämpfe im Umland der Stadt an. Der IS errang einige Erfolge auf dem Schlachtfeld. Eine irakische Sicherheitsquelle erklärte, der IS habe die Region Al-Fatha, die zwischen Mosul und Baiji liegt, unter seine Kontrolle gebracht (Al Jazeera, 29. Oktober 2015). Zwei Tage zuvor hatte die Informationsabteilung des IS verlauten lassen, man habe die Anhöhen des Jabel Makhul nördlich der Stadt Baiji fast vollständig erobert (Aamaq, 27. Oktober 2015).
  • Laut einigen Meldungen sollen die schiitischen Milizen, welche die irakische Armee im Kampf gegen den IS unterstützen, bei den Raffinerien der Stadt Baiji geraubt und geplündert haben. Zudem sollen sie eine sunnitische Moschee in der Stadt angezündet haben (Arabi 21, 1. November 2015; Al-Ghadeer-TV, 2. November 2015). Auch früher gab es schon Berichte von Übergriffen schiitischer Milizen gegen Sunniten an Orten, die durch die Milizen oder die irakische Armee „befreit“ wurden.
Die Provinz Kirkuk
  • Die Provinz Kirkuk des Islamischen Staates veröffentlichte ein Videoclip, in dem die Hinrichtung kurdischer und irakischer Kämpfer durch das Schwert gezeigt wird. Es scheint sich um einen Vergeltungsakt für die Kommandoaktion zu handeln, bei der amerikanische Sondereinheiten zusammen mit kurdischen Peschmerga-Kämpfern am 22. Oktober 2015 ein Gefängnis des IS bei der nordirakischen Stadt Hawija erstürmten und rund siebzig Geiseln befreiten, deren Hinrichtung der IS für denselben Tag geplant hatte. Ein amerikanischer Soldat kam bei der Operation ums Leben (Website des amerikanischen Verteidigungsministeriums, 22.-24. Oktober 2015; CENTCOM, 22. Oktober 2015).

Das Geschehen im Islamischen Staat

Neue Schulbücher in IS-beherrschten Gebieten in Syrien und im Irak
  • Eine Website, die dem IS nahesteht, berichtete über die Herausgabe neuer Schulbücher in den vom IS beherrschten Gebieten in Syrien und im Irak. Das neue Schulmaterial soll den Schülern die dschihadistisch-salafistische Weltanschauung näherbringen und sie auf den Krieg gegen die „Ungläubigen“ vorbereiten (Website Dawlat al-Khilafah al-Islamiyya, 31. Oktober 2015).

Ägypten und die Sinaihalbinsel

Der Krieg zwischen der Provinz Sinai des IS und den ägyptischen Sicherheitskräften
  • Im Verlaufe der vergangenen Woche führten die ägyptischen Sicherheitskräfte ihre intensive Terrorvereitlungskampagne gegen den Ableger des IS auf der Sinaihalbinsel fort. Im Rahmen dieser Tätigkeit führten die ägyptischen Streitkräfte mehrere Angriffe aus Luft gegen Terrorbasen im Raum El-Arish, Rafah und Sheikh Zuweid aus. Dabei entdeckten sie vier Bunker, in denen eine große Menge Militäruniformen und Kommunikationsgeräte eingelagert waren (Al-Watan, 27. Oktober 2015). Zudem zerstörten die ägyptischen Sicherheitskräfte einen unterirdischen Durchgang an der Grenze zum Gazastreifen (Al-Watan, 30. Oktober 2015).
  • Der ägyptische Staatspräsident Abdel Fatah El-Sisi ordnete per Dekret die Verlängerung des Ausnahmezustandes in einigen Regionen im nördlichen Sinai um weitere drei Monate an. Der Ausnahmezustand umfasst eine allgemeine Ausgangssperre vom Nachmittag bis zum nächsten Morgen (Al-Masri Al-Youm, 28. Oktober 2015).
  • Aktivisten des IS-Ablegers auf der Sinaihalbinsel begingen derweil weitere Anschläge gegen die ägyptischen Sicherheitskräfte. Einige Angriffe konnten jedoch rechtzeitig vereitelt werden. Nachfolgend eine Zusammenstellung der Vorkommnisse:
  • Am 1. November 2015entschärften die ägyptischen Sicherheitskräfte drei Sprengsätze, die beim Krankenhaus in Sheikh Zuweid deponiert waren (Portal Veto, 1. November 2015).
  • Am 31. Oktober 2015entschärften die ägyptischen Sicherheitskräfte zwei Sprengsätze im Raum Karam al-Kawadis südlich von Sheikh Zuweid (Portal Veto, 31. Oktober 2015).
  • Am 29. Oktober 2015wurde ein Angriff auf eine Fahrzeugkolonne der ägyptischen Sicherheitskräfte vereitelt, die durch den ferngezündeten Abschuss von Mörsergranaten hätte stattfinden sollen (Al-Youm Al-Sabea, 28. Oktober 2015). Zudem explodierte eine Sprengladung an der Einfahrt der Stadt El-Arish. Dabei wurden sechs Angehörige der ägyptischen Sicherheitskräfte verletzt (Sky News, 29. Oktober 2015).
  • Am 27. Oktober 2015wurden sieben ägyptische Soldaten bei der Explosion eines Sprengsatzes bei einem Schützenpanzer im Raum El-Arish verletzt. Drei weitere Sprengsätze konnten von den ägyptischen Sicherheitskräften rechtzeitig entschärft werden (Al-Watan, 27. Oktober 2015).
Der Absturz eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai
  • Am 31. Oktober 2015 stürzte ein russisches Passagierflugzeug, das von Sharm El-Sheikh nach Russland unterwegs war, über dem nördlichen Sinai ab. Alle 224 Insassen, russische Touristen und Besatzungsmitglieder, kamen ums Leben. Das Flugzeug stürzte rund 55 Minuten nach dem Start ab. Die Kommunikation mit dem Flugzeug soll 22 Minuten nach dem Start abgebrochen sein (Al-Watan, 31. Oktober 2015).
  • Eine dem IS nahestehende Nachrichtenagentur und mit dem IS affiliierte Twitter-Accounts verbreiteten eine Erklärung, in welcher der Ableger des IS auf der Sinaihalbinsel behauptete, für den Absturz des Flugzeugs verantwortlich zu sein.Die Erklärung wurde in einigen Sprachen verbreitet (Türkisch, Französisch, Bosnisch und Deutsch). In der Erklärung hieß es, es sei gelungen, ein russisches Flugzeug mit über 220 Passagieren zum Absturz zu bringen. Die Operation sei eine Reaktion auf die russischen Luftangriffe in Syrien. Zudem hieß es, Russen würden weder auf muslimischen Gebieten noch in deren Luftraum sicher sein (Aamaq, 31. Oktober 2015). Zudem wurde ein Videoclip veröffentlicht, auf dem angeblich der Abschuss des Flugzeuges durch bewaffnete Aktivisten des IS gezeigt wird (youtube, 31. Oktober 2015).[1]
  • Bislang konnte das Bekennerschreiben des IS weder bestätigt noch widerlegt werden.[2] Die Medien veröffentlichten derweil verschiedene, teils widersprüchliche Erklärungen zur Ursache des Flugzeugabsturzes aus ägyptischen und russischen Quellen, wie folgende Beispiele zeigen:
  • Alexander Smirnow, der stellvertretende Geschäftsführer der Fluggesellschaft, der das Unglücksflugzeug angehörte, sagte, der Absturz sei nicht auf einen technischen Defekt oder auf einen Pilotenfehler zurückzuführen. An einer Pressekonferenz in Moskau sagte Smirnow, der Absturz sei durch „äußere mechanische Einwirkung“ verursacht worden, ohne weitere Details zu nennen (Haaretz, Yediot Ahronot, 3. November 2015).
  • Quellen innerhalb der Untersuchungskommission, welche die Blackbox des russischen Flugzeuges prüft, sagten, der Flugkapitän habe vor dem Absturz keinen Notruf abgesetzt. Der Absturz sei nicht auf eine äußere Einwirkung, sondern auf einen inneren Defekt zurückzuführen, der einen Riss auf der rechten Seite des Flugzeugrumpfes verursacht habe (Al-Masri Al-Youm, 3. November 2015). Der Sprecher der ägyptischen Armee, Mohammed Samir, sagte, bislang gebe es keinen Beweis dafür, dass das Flugzeug von Aktivisten des IS-Ablegers im Sinai zum Absturz gebracht worden sei. Die Absturzursache werde gegenwärtig von den ägyptischen und russischen Behörden untersucht. (The Guardian, 31. Oktober 2015).
Aufruf des IS-Ablegers im Sinai zum Angriff auf Israel und die Juden
  • Die Informationsabteilung der Provinz Sinai des IS veröffentlichte am 1. November 2015 ein Videoclip mit dem Titel „Vom Sinai nach Jerusalem“, worin die Bedeutung Jerusalems für die Dschihad-Kämpfer hervorgehoben wird. Einer der Sprecher im Clip ist Sheikh Abu Laith Al-Libi, ein hochrangiger Al-Qaida-Kommandeur, der am 29. Januar 2008 bei einem amerikanischen Luftangriff im Grenzgebiet zwischen Pakistan und Afghanistan ums Leben kam.
  • Im Clip wird darauf hingewiesen, dass sämtliche Operationen der Provinz Sinai des IS eine Vorbereitung für den Kampf gegen die Juden um die Al-Aqsa-Moschee sei. Ein anderer Aktivist wendet sich im Clip an die Muslime in Jerusalem und ruft sie dazu auf, ihre Angriffe auf Israel zu verstärken. Dabei betont er, „wir im Sinai haben euch nicht vergessen und geloben Allah, euch nicht zu verraten“. Ein weiterer Aktivist wendet sich auf Hebräisch mit einer Drohbotschaft an das israelische Publikum: „Meine Botschaft richtet sich an die Offiziere und Soldaten und an alle Juden, die Enkel der Affen und Schweine. Wir kommen aus aller Welt zu euch, um euch wie Schafe abzuschlachten.“ (Website muslims-news.com, 31. Oktober 2015).
  • Die Drohungen des IS-Ablegers im Sinai und die Aufrufe an die Muslime in Jerusalem, Juden anzugreifen, sind Teil der Hetzkampagne des IS, der die palästinensische Gewalt- und Terrorwelle begleitet. In diesem Zusammenhang ist damit zu rechnen, dass IS-Anhänger im Nahen Osten und anderswo auf der Welt, darunter auch der IS-Ableger im Sinai, den IS-Aufrufen zum Mord an Juden und zum Angriff auf Israel Taten folgen lassen.


Der Weltdschihad in anderen Ländern

Libyen
Ausländische Aktivisten in den Reihen des IS in Libyen
  • Der algerische Militärexperte Aqid Ramadansagte, der IS-Zweig in Libyen habe über dreitausend ausländische Aktivisten aus mehr als dreißig Ländern rekrutiert. Im Juni 2015 wurde darüber berichtet, dass sich über 300 Kämpfer der Organisation Boko Haram in Libyen aufhalten und weitere Kämpfer an der Grenze zwischen Mali und Niger auf die Weiterreise nach Libyen warten (Akhbar Libya 24, 25. Oktober 2015).
Sirte
  • Der IS rief die Generalmobilmachung für die Schlacht um die Region Nofaliya im Osten von Sirte aus, nachdem der Shura-Rat der Dschihad-Kämpfer, eine rivalisierende Organisation, die sich mit Al-Qaida identifiziert, dieses Gebiet unter seine Kontrolle gebracht hat (Al-Bawaba, 30. Oktober 2015). Zudem wurde berichtet, dass nicht identifizierte Kampfflugzeuge Angriffe auf vom IS kontrollierte Gebiete südlich und westlich von Sirte geflogen haben. Bei diesen Angriffen soll mehreren Berichten zufolge der IS-Anführer in Sirte, Abdel Hamid al-Nuwari, getötet worden sein (Reuters auf Arabisch, 29. Oktober 2015; Akhbar Al-Hadath, 30. Oktober 2015).
Derna
  • Der Al-Qaida angehörende Shura-Rat der Dschihad-Kämpfer in Derna und ihren Vororten versucht, seine Kontrolle über die Stadt Derna zu festigen. Die Organisation veröffentlichte eine Verlautbarung, die IS-Aktivisten in der Region Al-Fataeh vor den Toren der Stadt Derna eine Amnestie verspricht, wenn sie “Reue zeigen” und ihre Waffen niederlegen (Akhbar Libya 24, 30. Oktober 2015). Die Kämpfe zwischen den beiden dschihadistischen Organisationen brachen Anfang Juni aus, worauf der Shura-Rat der Dschihad-Kämpfer die Stadt Derna größtenteils unter seine Kontrolle brachte. Derzeit konzentrieren sich die Kämpfe zwischen den beiden Organisationen auf das Hügelland von Al-Fataeh, der letzten Hochburg des IS in der Region.
Ajdabiya
  • Einigen Berichten zufolge eröffneten IS-Aktivisten eine Offensive gegen den Shura-Rat der Dschihad-Kämpfer von Ajdabiya und Einheiten der libyschen Armee, um die Eroberung der Stadt Ajdabiya abzuschließen, die rund 355 Km südöstlich von Sirte liegt. Derweil versucht der IS seine Kontrolle über die Stadt zu festigen. Die Organisation übernahm die Verantwortung für die Tötung des Imam einer Moschee in der Stadt, der sich geweigert hatte, einen IS-Aktivisten in der Moschee predigen zu lassen. Zudem übernahm der IS die Verantwortung für die Tötung eines hohen Vertreters des Shura-Rates der Dschihad-Kämpfer von Ajdabiya. Einwohnern der Stadt zufolge begingen IS-Aktivisten im Oktober etwa acht solche Mordtaten (Akhbar Libya 24, 30. Oktober 2015, Al-Bawaba, 31. Oktober 31 2015).

Der Kampf um die Herzen und den Verstand

  • Al-Qaida veröffentlichte eine Audiobotschaft ihres Anführers Sheikh Ayman al-Zawahiri, die auf die jüngsten Ereignisse rund um die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem (d.h. auf die palästinensische Terrorwelle) Bezug nimmt. Auf dem Standbild ist Al-Zawahiri vor der Al-Aqsa-Moschee zu sehen. Er beginnt seine Botschaft mit der Feststellung, die aktuellen Geschehnisse in Jerusalem seien ein neuer Dschihad. Dieser Dschihad werde von Kämpfern ausgefochten, “welche die Al-Aqsa-Moschee mit Messern, Steinen, Autos und alles, was ihnen zur Verfügung stehe, verteidigen”. Al-Zawahiri ruft die Dschihadisten auf, ihren Streit beizulegen, um sich dem “Teufelsbündnis” zwischen den USA, Europa, Russland, den Schiiten und den Alawiten entgegenzustellen. Gleichzeitig ruft der Al-Qaida-Anführer dazu auf, die säkularen Regime einzelner Staaten in der arabischen Welt zu bekämpfen (As-Sahab Foundation, 1. November 2015.
  • Die Botschaft Al-Zawahiris entspricht der jüngsten IS-Kampagne, die zum Mord an Juden und Israelis aufruft. Es ist unseres Erachtens damit zu rechnen, dass dschihadistisch-salafistische Aktivisten des Al-Qaida-Netzwerks oder des IS im Nahen Osten oder anderswo diesen Aufrufe Taten folgen lassen.

 

[1]   Demgegenüber wies der Leiter des dem IS nahestehenden Forums Al-Manbar Al-Alami darauf hin, der Clip und die Bilder, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Verantwortung für den Absturz des Flugzeugs veröffentlicht wurden, seien nicht authentisch und warnte davor, Clips in dieser Sache zu verbreiten (IS-Forum im Internet, 31. Oktober 2015).
[2]   NSA-ChefJames Clappersagte, es gebe keinen direkten Beweis für einen terroristischen Hintergrund des Flugzeugabsturzes, diese Möglichkeit könne aber auch nicht ausgeschlossen werden (World Bulletin, 3. November 2015).