Der Weltdschihad im Blickpunkt * (14.-20. April 2016)

Der Weltdschihad im  Blickpunkt

Der Weltdschihad im Blickpunkt

Panzer der syrischen Armee im Kampfeinsatz gegen den IS in der Wüste bei Qaryatayn (syrisches Staatsfernsehen, 16. April 2016)

Panzer der syrischen Armee im Kampfeinsatz gegen den IS in der Wüste bei Qaryatayn (syrisches Staatsfernsehen, 16. April 2016)

Abschuss einer Panzerfaust auf ein Fahrzeug der syrischen Armee (Akhbar Dawlat Al-Islam 15. April 2016)

Abschuss einer Panzerfaust auf ein Fahrzeug der syrischen Armee (Akhbar Dawlat Al-Islam 15. April 2016)

IS-Aktivisten in den soeben eroberten Gebieten östlich von Khanasir (Akhbar Dawlat Al-Islam, 16. April 2016)

IS-Aktivisten in den soeben eroberten Gebieten östlich von Khanasir (Akhbar Dawlat Al-Islam, 16. April 2016)

Kommunikationsgeräte und persönliche Dokumente, die schiitischen Kämpfern gehören und dem IS östlich von Khanasir in die Hände fielen (Aamaq, 15. April 2016)

Kommunikationsgeräte und persönliche Dokumente, die schiitischen Kämpfern gehören und dem IS östlich von Khanasir in die Hände fielen (Aamaq, 15. April 2016)

Die Zerstörung in Ramadi. Wie in anderen Städten bediente sich der IS auch in Ramadi der Taktik der verbrannten Erde (SNG Iraqi News Agency, 11. April 2016)

Die Zerstörung in Ramadi. Wie in anderen Städten bediente sich der IS auch in Ramadi der Taktik der verbrannten Erde (SNG Iraqi News Agency, 11. April 2016)

Bombenanschlag auf einen Humvee der ägyptischen Armee; rechts: Das Fahrzeug im Gelände unmittelbar vor der Explosion; links: der Moment der Explosion

Bombenanschlag auf einen Humvee der ägyptischen Armee; rechts: Das Fahrzeug im Gelände unmittelbar vor der Explosion; links: der Moment der Explosion

der Selbstmordattentäter von Bengasi, Abu Assem der Libyer (justpaste.it)

der Selbstmordattentäter von Bengasi, Abu Assem der Libyer (justpaste.it)

Bilder aus dem militärischen Ausbildungslager des IS (Akhbar Dawlat Al-Islam, 13. April 2016)

Bilder aus dem militärischen Ausbildungslager des IS (Akhbar Dawlat Al-Islam, 13. April 2016)

Aufruf zur Tötung von Ungläubigen mit jedem Mittel. Links im Bild der Sprecher des IS, Abu Mohammed Al-Adnani (Akhbar Dawlat Al-Khilafa, 16. April 2016)

Aufruf zur Tötung von Ungläubigen mit jedem Mittel. Links im Bild der Sprecher des IS, Abu Mohammed Al-Adnani (Akhbar Dawlat Al-Khilafa, 16. April 2016)


Die Ereignisse der Woche im Überblick

  • Der Waffenstillstand in Syrien hält nun seit acht Wochen nach dem bekannten Muster. Die Außenminister der USA und Russlands bekräftigten erneut  ihre Unterstützung des Waffenstillstandsabkommens und betonten die Wichtigkeit seines Erhalts.
  •  Derweil dauerten in Syrien die Gefechte zwischen der syrischen Armee und ihren Verbündeten, einerseits, und nicht am Waffenstillstandsabkommen beteiligten Rebellenorganisationen, andererseits, an. Der IS versucht offenbar, das syrische Regime südlich von Damaskus (im Flüchtlingslager Al-Yarmouk) und östlich der Hauptstadt (im Raum Ad-Dumayr) unter Druck zu setzen. Medienberichten zufolge gelang es ihm dabei, Teile des Lagers Al-Yarmouk unter seine Kontrolle zu bringen, während in Ad-Dumayr eine Vereinbarung über den Rückzug der IS-Aktivisten aus der Stadt erzielt wurde.
  • Im Irak schlossen die Regierungstruppendie Eroberung der Stadt Hit am Euphrat rund 70 Km nordwestlich von Ramadi ab. Die Rückeroberung von Hit ist ein weiterer bedeutender militärischer und politischer Erfolg für die irakische Armee, die USA und die von ihr geführte internationale Koalition. Sie ist zudem ein weiterer Schritt zur vollständigen Säuberung der sunnitischen Provinz Al-Anbar von IS-Aktivisten durch das irakische Regime im Hinblick auf die Schlacht um Mosul.
  • Der IS setzt seine Drohungen gegen die Westen, besonders gegen die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich fort. Diese Woche veröffentlichte er ein Videoclip in deutscher Sprache, in dem dazu aufgerufen wird, nach Möglichkeit „Ungläubige“ zu töten – wenn nicht mit Schusswaffen oder Bomben, dann durch Autos, Kehlen durchschneiden oder durch Niederbrennen von Wohnhäusern und Geschäften. 

 

Die Waffenstillstandsvereinbarung

  • Der Waffenstillstand in Syrien hält nun bereits seit acht Wochen nach dem Muster, das sich in den Vorwochen eingependelt hat. Die russische Koordinationszentrale in Hmeymim meldete nur vereinzelte Waffenstillstandsverstöße. Abgesehen davon hätten sich weitere Ortschaften der Vereinbarung angeschlossen und ihre Zahl belaufe sich nun auf 63 (Sputnik, 16. April 2016). Zudem berichtete die Koordinationszentrale, drei Tonnen Hilfsgüter, vor allem Nahrungsmittel, seien in die Region Homs verbracht worden, und die syrischen Behörden hätten mit russischer Hilfe 22 Tonnen Nahrungsmittel in Deir Ez-Zur abgeworfen (Tass, 16. April 2016).
  • Der amerikanische Außenminister, John Kerry, und sein russischer Amtskollege, Sergej Lavrov, bekräftigten erneut ihre Unterstützung des Waffenstillstandes und betonten die Wichtigkeit, ihn zu erhalten. Kerry sagte, die USA erwarteten, dass Russland auf das syrische Regime einwirke, um den Waffenstillstand zu bewahren. Er sicherte seinerseits zu, dass die USA gleichzeitig gegenüber den Oppositionsgruppierungen in Syrien aktiv werde (Website des amerikanischen Außenministeriums, 15. April 2016). Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte in einer Presserunde, die Waffenruhe habe sich bislang als stabiler erwiesen als manche Vertreter der amerikanischen Regierung geglaubt hätten. Sie habe den Umfang der Gewalt eingeschränkt und die Belieferung eingeschlossener Regionen mit humanitären Hilfsgütern ermöglicht. Der amerikanische Präsident, Barack Obama, sei gegen die Einrichtung einer Pufferzone zwischen Syrien und der Türkei, da dies die Stationierung Tausender Soldaten, einschließlich amerikanischer Bodentruppen erfordern würde.

Die internationale Kampagne gegen den IS

  • Die von den USA angeführte internationale Anti-IS-Koalition setzte ihre Angriffe auf IS-Ziele im Irak und in Syrien fort. Im Verlaufe der Woche führten die Luftwaffen der Koalition Dutzende von Luftangriffen vor allem auf IS-Ziele im Irak durch und dort besonders in den Regionen Hit, Kisik, Mosul, Sinjar, Fallujah und Tell Afar. In Syrien wurden Angriffe in den Regionen Ar-Raqqah und Marea ausgeführt.
  • US-Präsident Barack Obama sagte, der „Islamische Staat“ in Syrien und im Irak befinde sich nun in der Defensive und die Staaten der Koalition in der Offensive. Die Koalition setze ihre Angriffe auf die Kommandeure jener Organisation und auf deren Aktivisten, die Anschläge planten, fort. Als Beispiel nannte er die Ergreifung von Abu Daoud, der das Chemiewaffenprogramm des IS anführte. Zudem führte er aus, dass sich die USA zusammen mit ihren Partnern in Europa und auf der ganzen Welt dafür einsetze, dass der Fluss von ausländischen Kämpfern [zum IS] gestoppt werde und dessen Terror unterbunden werde (Website des Weißen Hauses, 14. April 2016).
  • Der Sprecher der Anti-IS-Koalition, Steve Warren, sagte, die Koalition habe die erste Phase des Kampfes gegen den IS abgeschlossen. Nun folge die zweite Phase, nämlich die Liquidierung der Organisation in Syrien und im Irak. Die USA werden hierzu keine bedeutende eigene Streitmacht zum Einsatz bringen, sondern den IS durch lokale Kräfte in Syrien und im Irak besiegen (Anatolia, 13. April 2016). Bei einer anderen Gelegenheit sagte Warren, seit Beginn der Aktivitäten der internationalen Koalition vor rund zwanzig Monaten seien über 25.000 IS-Aktivisten ums Leben gekommen. Zudem sei vor allem durch Angriffe auf die vom IS beherrschten Ölfelder dessen wirtschaftliche Tätigkeit beeinträchtigt worden (Daily Mail, 16. April 2016).

Das russische Engagement im syrischen Bürgerkrieg

  • Russische Kampfflugzeuge griffen auch diese Woche Ziele des IS und anderer nicht am Waffenstillstand beteiligter Gruppierungen in ganz Syrien an, unter anderem in Aleppo und Umgebung, Damaskus und Hama. Dabei wurde Berichten zufolge bei Al-Mansura (westlich von Ar-Raqqah) ein russisches Flugzeug abgeschossen und dessen Pilot gefangen genommen. Der IS reklamierte den Abschuss für sich (Aamaq, 14. April 2016). Das russische Verteidigungsministerium dementierte die Berichte.
  • Russland und China haben dem UN-Sicherheitsrat den Entwurf für eine Resolution vorgelegt, die verhindern soll, dass „extremistische Gruppierungen“ wie der IS und die Al-Nusra-Front in Syrien chemische Waffen entwickeln und einsetzen. Der Entwurf fordert die Nachbarn Syriens auf, dem Sicherheitsrat jede Aktivität von Nichtregierungsstellen im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Kauf, dem Transport und dem Einsatz chemischer Waffen zu melden. Der Sicherheitsrat nahm den Resolutionsentwurf positiv auf (AP, 14. April 2016).

Die wichtigsten Entwicklungen in Syrien

Militärische Aktivitäten in den Regionen Palmyra und Al-Qaryatayn
  • Pioniereinheiten der syrischen Armee und russische Experten waren auch diese Woche mit der Räumung von Minen und Sprengsätzen beschäftigt, die der IS in Palmyra und Umgebung zurückließ (Al-Aan, 14. April 2016). Eine libanesische Zeitung berichtete, das russische Verteidigungsministerium plane die Errichtung eines Krankenhauses in Palmyra für die Bevölkerung der Stadt und der Region (El-Nashra, 19. April 2016). Laut staatlichen syrischen Berichten kamen bei der Durchkämmung der Wüste in der Region Al-Qaryatayn durch die syrische Armee Dutzende von IS-Aktivisten ums Leben (Syrisches Staatsfernsehen, 16. April 2016).
Gefechte in weiteren Teilen Syriens
  • Derweil dauerten in verschiedenen Teilen Syriens, sowohl in den vom Waffenstillstand betroffenen, als auch in den anderen Gebieten, die lokal begrenzten Kämpfe zwischen den verschiedenen Kräften an:
  • Der Raum Damaskus – Diese Woche ereigneten sich im Flüchtlingslager Al-Yarmouk und in dessen Umgebung Gefechte zwischen dem IS und der Al-Nusra-Front sowie anderer Rebellengruppierungen. Arabischen und innersyrischen Medienberichten zufolge brachte der IS bei Kämpfen mit der Al-Nusra-Front einige Abschnitte des Lagers unter seine Kontrolle.
  • Die Region Ad-Dumayr (östlich von Damaskus): In der Region Ad-Dumayr ereigneten sich auch diese Woche Gefechte zwischen der syrischen Armee und dem IS. Laut Berichten wurde am 19. April vereinbart, dass die IS-Aktivisten sich aus der Stadt zurückziehen und die schweren Waffen in ihrem Besitz zerstören. Zudem vereinbarten die Parteien die Einsetzung einer Kommission des syrischen Regimes, das den Rückzug und die Zerstörung der Waffen überwachen soll (Nachrichtenagentur Khatwa, 19. April 2016; Syria Mubasher, 18. April 2016).
  • Der ländliche Raum um Aleppo: Im ländlichen Raum nördlich von Aleppo dauerten die Gefechte zwischen Einheiten der Freien Syrischen Armee und dem IS an. Südlich von Aleppo bekämpften sich die syrische Armee mit ihren Verbündeten und die Al-Nusra-Front. In der Region Khanasir, südöstlich von Aleppo, brachte der IS einige Dörfer und strategisch wichtige Positionen unter seine Kontrolle und unterbrach die Nachschubroute der syrischen Armee nach Aleppo (Orient, 16. April 2016). Der IS ließ verlauten, seine Aktivisten hätten Waffen, militärische Ausrüstung und Dokumente erbeutet, die zum Teil schiitischen Kämpfern gehört hätten, welche die syrische Armee unterstützt hätten (Aamaq, 15. April 2016).
  • Die Region Deir Ez-Zur:Die Kämpfe zwischen IS-Aktivisten und Einheiten der syrischen Armee im Umfeld des lokalen Militärflugplatzes und im Umland der Stadt dauern an. Syrische und russische Kampfflugzeuge griffen Ziele in der Stadt und deren Umgebung an. Bei einem Versuch des IS, in den Stadtteil Al-Sina’ah im Zentrum von Deir Ez-Zur vorzustoßen, sollen mehrere IS-Aktivisten getötet oder verletzt worden sein (Medienstiftung des libanesischen Widerstandes, 17. April 2016; Dimashk Al-Aan, 19. April 2016).

Die wichtigsten Entwicklungen im Irak

Die Provinz Al-Anbar
Hit
  • Der Sprecher der irakischen Armee, Sabah al-Numani, meldete die vollständige Befreiung der Stadt Hit. Die Stadt sei zudem endgültig von IS-Aktivisten gesäubert. Der Befreiung von Hit gingen einmonatige Kämpfe voraus. Hochrangige irakische und amerikanische Militärvertreter gegen davon aus, dasssich die Rückeroberung Hits positiv auf den weiteren Verlauf der Säuberung der Provinz Al-Anbar von IS-Aktivisten auswirken wird (BBC, 14. April 2016).
Die Stadt Hit liegt am Euphrat, rund 70 Km nordwestlich von Ramadi. Sie diente dem IS als Kommandozentrale und wichtiges logistisches Zentrum. Die Rückeroberung Hits ist ein bedeutender Erfolg für die irakische Armee und die von den USA geführte internationale Anti-IS-Koalition sowie ein weiterer Schritt bei der Säuberung der Provinz Al-Anbar von IS-Elementen.

 

Ramadi
  • Arabischen Medienberichten zufolge strömen täglich Tausende von Familien in die Stadt Ramadi zurück, seit sich die Sicherheitslage in der Region verbessert hat, trotz der großen Zerstörung in der Stadt. Eine irakische Militärquelle ließ verlauten, dass die IS-Aktivisten, die sich in der Region Al-Baghdadi aufgehalten hätten, in die Region Al-Qaim in der Nähe der syrischen Grenzegeflüchtet seien (Al-Sumeria, 16. April 2016).
Die Provinz Niniveh
  • Am 17. April 2016 ließ die irakische Armee verlauten, sie habe südlich von Mosul drei IS-Aktivisten getötet und Ausrüstung der Organisation zerstört. Zudem zerstörten die Luftwaffen der internationalen Koalition Raketenwerfer und Boote, die dem IS südlich von Mosul zum Waffentransport dienten (Al Jazeera, 17. April 2016). Die irakische Armee gab zudem bekannt, die eigene Luftwaffe habe Ziele des IS in Mosul, darunter Amtsstellen der Sittenpolizei (hisba) sowie Kommunikationszentren des IS, angegriffen. Dabei seien Dutzende von IS-Aktivisten getötet worden (Al-Arabiya, 17. April 2016).

Ägypten und die Sinaihalbinsel

  • In der vergangenen Woche dauerte die intensive Tätigkeit der ägyptischen Sicherheitskräfte gegen die Provinz Sinai des IS in den Regionen Sheikh Zuweid, El-Arish und Rafah an. Dabei wurden Dutzende von Verdächtigen festgenommen sowie Autos, Motorräder und Waffendepots beschlagnahmt. Gleichzeitig setzten IS-Aktivisten ihre Guerillaaktivitäten gegen die ägyptischen Sicherheitskräfte fort, besonders durch Bombenanschläge. Einige Sprengsätze wurden jedoch rechtzeitig entdeckt und konnten entschärft werden.

Der globale Dschihad in weiteren Ländern

Libyen
Äußerungen des Kommandeurs des US-Afrika-Kommandos
  • DerBefehlshaber des Afrika-Kommandos der US-amerikanischen Streitkräfte, General David Rodriguez, sagte bei einer Anhörung im amerikanischen Kongress, die Zahl der IS-Aktivisten in Libyen habe sich nach Einschätzung des Geheimdienstes in den letzen 12-18 Monaten verdoppelt. Sie belaufe sich derzeit auf4.000-6.000 Kämpfer. Lokalen Kräften sei es jedoch teilweise gelungen, die IS-Aktivisten in Bengasi zu stoppen, und nun werde auch in Sabrata gegen den IS gekämpft. General Rodriguez betonte, die USA werde sich in Libyen einstweilen weiterhin auf gezielte Schläge gegen klar definierte Bedrohungen auf der Grundlage nachrichtendienstlicher Information beschränken und von einer Ausweitung ihrer Aktivitäten absehen (Military Times, 8. April 2016).
Sirte
  • Quellen in Sirte ließen verlauten, unbekannte Bewaffnete hätten einer Fahrzeugkolonne des IS in Libyen, die sich auf dem Weg von Sirte in die Ortschaft Ben Jawad befunden habe, aufgelauert und das Feuer auf sie eröffnet. Dabei sei das hochrangige IS-Mitglied Abu Hamza der Algerier getötet und drei weitere IS-Aktivisten, zwei Algerier und ein Tunesier, verletzt worden. Einem Bericht zufolge hätten Spezialtruppen der libyschen Armee den Hinterhalt gelegt (Website eremnews, 15. April 2016; Bawabat Ifriqya Al-Ikhbariya, 15. April 2016; Al-Wasat Portal, 15. April 2016).
Bengasi
  • Die Kämpfe zwischen der libyschen Armee und dem IS sowie des Al-Qaida-nahen „Schura-Rates der Revolutionäre Bengasis“ dauerten auch diese Woche an. Der libyschen Armee ist es nach eigenen Angaben gelungen, einige Viertel der Stadt, in denen sich Anlagen des IS befinden, unter ihre Kontrolle zu bringen. Demgegenüber meldete die Provinz Barqa des IS, einer seiner Aktivisten, der Abu Assem der Libyer genannt werde, habe einen Selbstmordanschlag gegen die libysche Armee verübt. Dabei seien fünfzig Soldaten getötet und fünfzehn Armeefahrzeuge zerstört worden. Quellen in der libyschen Armee meinten dagegen, bei dem Anschlag seien zwei Soldaten getötet und fünf verletzt worden (Akhbar Dawlat Al-Islam, 15. und 16. April 2016).
IS-Ausbildungslager in Libyen
  • Das Propagandaorgan der Provinz Barqa des IS veröffentlichte eine Reihe von Bildern, die das Geschehen in einem militärischen Ausbildungslager der Organisation in Libyen zeigen. Das Lager, dessen genaue Lage nicht preisgegeben wird, ist nach Abu Mughaira Al-Qahtani[1] benannt. Einem Bericht zufolge befindet es sich in der Nähe von Bengasi. Demgegenüber verortet ein Websurfer aus Derna das Lager in der vom IS kontrollierten Region Al-Fataeh südlich von Derna (Akhbar Dawlat Al-Islam, 13. April. 2016).

Das innenpolitische Geschehen im „Islamischen Staat“

  • Ein kürzlich verbreiteter Videoclip stellt die verschiedenen Institutionen des IS in der Provinz Ar-Raqqah vor und zeigt deren Aufgaben und Wirkungsweise. Vermutlich bezweckt der IS damit, vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedrohung, der er sich ausgesetzt sieht, ein Bild des normalen Alltags in der Provinz Ar-Raqqah, dem Kerngebiet seiner Macht in Syrien, zu vermitteln. Unter anderem werden folgende Institutionen vorgestellt (Akhbar Al-Muslimeen, 3. April 2016):
  • Das Hisba-Zentrum: Hat die Aufgabe, die Durchsetzung der religiösen Sittenlehre und der öffentlichen Ordnung sicherzustellen. Die Leute der Hisba überwachen Märkte und Geschäfte, verhindern die Fälschung von Waren und den Wucher. Zudem stellen sie Ausreisedokumente aus, verhaften Kriminelle, ahnden Gesetzesverstöße und führen die Gefängnisse.
  • Verkehrspolizei: In der Stadt Ar-Raqqah wurde eine Verkehrspolizei eingerichtet mit je einer Abteilung für Verstöße gegen die Verkehrsregeln, Verkehrsunfälle und Straßenpatrouillen.
  • Polizei für Zivilangelegenheiten: Diese aus vier Hauptabteilungen bestehende Polizeieinheit beschäftigt sich vor allem mit zivilen Konflikten und handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Bürgern.
  • Das Islamische Gericht beschäftigt sich (unter anderem) mit der Verinnerlichung der Islamischen Rechtssprechung in der Bevölkerung.
  • Erziehungszentrum: Dient der Ausbildung von Lehrern für alle Bildungsstufen, von der Volks- bis zur Hochschule.
  • Wohlfahrtszentrum: Erhebt Geld- und Warenabgaben und verteilt sie an Bedürftige im Sinne des religiösen Gebotes der Wohltätigkeit.
  • Dienstleistungszentrum: Ist für die Erbringung der städtischen Dienste verantwortlich – Wasser, Elektrizität, Kommunikation, Verkehr etc.
Rückgang der Einnahmen des IS
  • Laut einer Studie des IHS-Instituts (ein Forschungsinstitut, das Konflikte in der ganzen Welt beobachtet und analysiert) gingen die Einnahmen des IS seit Mitte 2015 um 30% zurück. Das zwinge den IS, neue Steuern in der Bevölkerung zu erheben. Den Daten der Studie zufolge sanken die Einnahmen der Organisation von 80 Millionen US-Dollar pro Monat in der zweiten Hälfte des Jahres 2015 auf derzeit nur noch rund 56 Millionen Dollar pro Monat. So verringerte sich etwa die Erdölförderung von 33.000 Fass/Tag auf nur noch 21.000 Fass/Tag. Der Rückgang der Einnahmen des IS sei in erster Linie auf die Luftangriffe der US-geführten Anti-IS-Koalition und Russlands zurückzuführen, schreibt das Institut. Die Einnahmen des IS bestünden zu 50% aus Steuern und der Konfiszierung von Geschäften und Eigentum, zu 43% aus Erdölverkäufen sowie aus den Erlösen des Drogenschmuggels, des Verkaufs von Elektrizität (von Kraftwerken unter ihrer Kontrolle) und von Spenden (Al-Bawaba, 18. April 2016).

Terrorvereitelung und -vorbeugung

Belgien
  • Aus der Befragung Mohammed Abrinis, einem der Attentäter von Brüssel (22. März 2016), der vom Tatort geflüchtet war und nach längerer Verfolgung gefasst werden konnte, geht hervor, dass er und seine Komplizen ursprünglich beabsichtigten, Sprengsätze in den Wartezonen für Flüge in die USA, nach Russland und Israel zu zünden. Für die Planung des Anschlags auf dem Brüsseler Flughafen und die Wahl der Anschlagsziele sei Ibrahim Al-Bakraouiverantwortlich gewesen, der sich bei diesen Anschlägen in die Luft sprengte. Abrini sagte, er habe im letzten Moment beschlossen, sich vom Tatort zu entfernen und den Sprengsatz, den er mit sich trug, in eine Mülltonne zu werfen (französisches TV-Netzwerk BMF, zitiert von der israelischen Tageszeitung Yediot Achronot, 15. April 2016).
  • Ein Artikel, der auf dem Nachrichtenportal NOW erschien, legt dar, im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung, wonach die Terroraktivitäten des IS in Europa das Resultat lokaler Initiativen seien, deute die Untersuchung sämtlicher Anschläge von 2014 bis heute darauf hin, dass sie mit Ausnahme der Attacke auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo (Januar 2015) von der Führung des IS im syrischen Ar-Raqqah ferngeleitet gewesen seien. Demnach seien die meisten Attentäter in den Reihen des IS in Syrien ausgebildet worden und hätten dort Kampferfahrung gesammelt. Zudem habe sich herausgestellt, dass sämtliche Anschläge (auser dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo) von derselben Terrorzelle ausgeführt worden seien. Die Nachforschungen hätten zudem ergeben, dass sämtliche Attentäter auf die eine oder andere Weise mit dem belgischen IS-Aktivisten Abdelhamid Abaoud verbunden gewesen seien, der zwischen Syrien und Europa hin- und hergependelt sei und persönlich einige der rekrutierten Aktivisten ausgebilet habe (NOW, 1. April 2016).
Der Kaukasus
  • Im Rahmen einer gemeinsamen Operation mit den russischen Sicherheitskräften zur Lokalisierung terroristisch gesinnter Syrienrückkehrer, wurde in Nalchik, der Hauptstadt der Kabardino-Balkarischen Republik, ein russischer Staatsbürger verhaftet, der in Syrien in den Reihen des IS gekämpft hatte. Beim Verhör gab er an, 2014 über die Türkei nach Syrien gereist zu sein, dort eine militärische Ausbildung durchlaufen und anschließend in den Reihen des IS gegen das syrische Regime gekämpft zu haben. Neben ihm hätten weitere russische Staatsbürger aus verschiedenen Provinzen gekämpft, die ebenfalls eine terroristische Ausbildung durchlaufen und mit ihm zusammen subversive Aktionen geplant hätten (Tass, 15. April 2016).

Der Kampf um die Herzen und den Verstand

Der Anführer des IS ruft die nach Europa Geflüchteten auf, ins „Kalifat“ zurückzukehren
  • Ein jüngst veröffentlichter Videoclip des IS zeigt die Leiden der Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak in den westeuropäischen Ländern (das „Europa der Kreuzfahrer“). Im Hintergrund ist die Stimme des IS-Anführers Abu Bakr Al-Baghdadi, zu hören, der die aus dem „Kalifat“ Geflüchteten aufruft, in ihre Heimat zurückzukehren. Der „Islamische Staat“ werde ihnen Sicherheit geben und sie [am Tage des Jüngsten Gerichts] vor dem Höllenfeuer bewahren, sagt Baghdadi (Akhbar Dawlat Al-Islam, 17. April 2016). Dieser Aufruf dürfte ausschließlich propagandistischen Zwecken dienen, da niemand erwartet, dass syrische Flüchtlinge, die vor den Schrecken des IS geflüchtet sind, tatsächlich geneigt sind, in das „Kalifat“ zurückzukehren.
Der IS ruft weiterhin zur Tötung von Amerikanern, Franzosen und „ihren Bündnispartnern“ auf
  • In einem mit deutschen Texten unterlegten IS-Videoclip ruft derIS-Sprecher Abu Mohammed Al-Adnani die gläubigen Muslime auf, „einen Kafir zu töten ob Franzose, Amerikaner oder einer von ihren anderen Bündnispartnern“. Wer nicht in der Lage sei, das mit einem Sprengsatz oder einer Schusswaffe auszuführen, soll Steine werfen, Kehlen durchschneiden, mit dem Auto Menschen überfahren oder Häuser und Geschäfte niederbrennen (Akhbar Dawlat Al-Islam, 16. April 2016).

[*]   Nächste Woche erscheint keine Ausgabe des Weltschihads im Blickpunkt. Wir wünschen allen unseren Leserinnen und Lesern ein frohes Pessach-Fest.
[1]   Abu Mughaira Al-Qahtani war der “Emir” des „Islamischen Staates“ in Libyen, der im November 2015 bei einem amerikanischen Angriff in Derna ums Leben kam.